Wednesday, 18 May 2011

In 81 Tagen um die Welt

„Der Globalisierung auf der Spur“, liest man im Untertitel. Um dies zu tun, haben sich acht schreibende Reporter der ZEIT sowie acht Fotografen auf eine Weltreise gemacht, und zwar in acht verschiedenen Etappen. Die erste (an einer Erdgas-Pipeline nach Osten) führte von Bayern nach Moskau und ist, wie alle andern Etappen auch, mit einer Karte und gerade mal einem Foto bebildert. Die zweite berichtet von einem russischen Fotomodell in Indien (von Omsk über Moskau nach Mumbai). Dann geht es mit einem Rikscha-Zieher durch Kalkutta, per Containerschiff nach China, von dort mit einem Chinesen in die USA, weiter auf den Spuren des Klimawandels nach Südamerika (Genauer: von Sacramento über Phoenix und Cancún nach Manaus). Die siebte Etappe führte dann mit brasilianischen Missionaren von São Paulo über Rio nach Nairobi und die letzte Etappe handelt von E-Mails aus Afrika nach Deutschland.

Ein origineller Ansatz, und wie ist er umgesetzt? Mit auf konventionelle Art gut geschriebenen Texten wie sie ZEIT-Leser von ZEIT-Journalisten erwarten dürfen. Sie sind angenehm zu lesen, tun niemandem weh (wieso sollten sie das auch?), plätschern gefällig dahin. Doch ob man die Globalisierung nach dieser Lektüre besser versteht? Schwer zu sagen, denn so recht eigentlich verstehe ich gar nicht, was das sein soll, diese sogenannte Globalisierung.

„Vielleicht ist das Globalisierung: ein diffuses Gefühl von Verwirrung. Dass immer weniger Menschen wissen, wohin sie gehören, weil das Glück immer woanders zu warten scheint“, lese ich im Bericht über Uliana, das russische Fotomodell in Mumbai. Wissen wirklich immer weniger Menschen wohin sie gehören? Gerade im Falle von Uliana ist es doch fast schon überdeutlich, dass sie ganz klar weiss, wohin sie gehört – zu ihrem Freund nach Omsk. Zudem: dass das Glück immer woanders zu warten scheint, hat wenig mit der Globalisierung, doch viel mit der Natur des Menschen zu tun – immer will man, was man nicht hat. Wie der Fotograf Vikram Bawa beobachtete: „ ... im Westen jetzt viele Yoga praktizieren und ayurvedisch essen. In Indien dagegen wollen viele leben wie im Westen.“

Bei der Globalisierung gehe es um Glauben, Gefühle, Gedanken, lese ich im Vorwort. Und von diesen erzählen diese Geschichten. Eine ganz besonders schöne ist die Liebesgeschichte von Chuck und Norma – schon alleine dieser wegen sei dieser Band empfohlen.

Nur eben: Was Globalisierung ist, weiss ich auch nach Lektüre dieser Geschichten nicht so recht. Könnte es sein, dass das journalistische Personalisieren von Abstraktem uns gewisse Vorgänge, Abläufe etc. letztendlich nicht wirklich schlüssig nahebringen kann?

Stefan Willeke (Hg.)
In 81 Tagen um die Welt
Berliner Taschenbuch Verlag, 2007

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