Wednesday, 30 June 2021

Arctic Heroes

Photographer Ragnar Axelsson (*1958) hails from Island and has been documenting the Arctic (people, animals, landscapes) for more than forty years. The black and white photographs in this book were taken between 1986 and 2020 in Greenland; they give testimony to the extraordinary relationship between sledge dogs and hunters.

“Time and again, I visited small villages all over Greenland to collect stories of dogs and hunters. Sometimes I’d be lucky to get one story, other times none at all. I can safely say that it was just as difficult to squeeze stories out of these hunters as it was to photograph them out on the freezing cold of the sea ice.” People in cold climates are indeed given less to chatting than folks in warmer climates, I thought to myself and felt reminded of this Norwegian joke: Up in the cold north of the country, a traveller enters a bar where a lonely costumer is nursing his beer. After he had ordered a beer for himself, the traveller turned to the lonely customer and said: “Cheers!”, whereupon the other one said: “Wanna drink or wanna talk?”

The photographer’s encounters with the hunters weren’t always as anticipated and hoped for ... For the full review, go here

Wednesday, 23 June 2021

Unterwegs mit den Arglosen

Bei diesem edel gestalteten Band (im Schuber) handelt es sich um die, wie der Untertitel verheisst, "Originalreportagen aus Europa und den Heiligen Land" aus dem Jahre 1867. Schon die Vorbemerkung  von Alexander Pechmann ist ein Genuss und was dann folgt erst recht. Erste Station sind die Azoren. "Niemand kommt hierher, und niemand geht fort." Von den dort ansässigen Portugiesen hält sich Mark Twains Achtung in Grenzen. "Der fromme portugiesische Katholik bekreuzigt sich und betet zu Gott, er möge ihn beschützen vor jedem blasphemischen Verlangen, mehr zu wissen als sein Vater."

Von Gibraltar und Tanger berichtet er. Und natürlich von seinen Mitreisenden, von denen ihm (und allen anderen) eine oder zwei Personen ständig auf die Nerven gehen. Von der Mauren erzählt er, dass diese nicht viel von England, Frankreich und Amerika halten, das "deren Repräsentanten sich mir einer umständlichen Bürokratie herumschlagen müssen, ehe man ihnen die üblichen Rechte einräumt oder ihnen gar eine Gunst gewährt. Doch stellt ein spanischer Minister eine Forderung, wird diese sogleich erfüllt, ob sie nun gerechtfertigt ist oder nicht."

Irgendwo habe ich einmal gelesen, Mark Twain hätte bei dem, was er äusserte, durchaus auch auf den Zeitgeist Rücksicht genommen, also nicht einfach so hingeschrieben, was ihm durch den Kopf gegangen ist. Sollte dies wirklich der Fall gewesen sein, müssen damals andere Vorstellungen vom politischer Korrektheit geherrscht haben als heute. "Ich konnte die Gesichter einiger maurischer Frauen kurz sehen (denn sie sind nur menschlich und lassen ihr Antlitz von einem Christenhund bewundern, wenn kein Mann in der Nähe ist), und ich verneige mich vor der Weisheit, die sie veranlasst, etwas so abgrundtief Hässliches zu verbergen."

Versailles, wo er auf Reihen aus Waldbäumen trifft, die alle dieselbe Dicke und Höhe haben, begeistert ihn, der Bois de Boulogne, der nicht nur von ihm, sondern gleichzeitig von "rund 30 000 anderen Reisegruppen" besucht wurde, entschieden weniger. Doch er sieht auch Napoleon III., über den er konstatiert: "In Fleisch und Blut wirkt er wie eine bedeutender Mann – auf den Porträts hingegen wie ein niemand." Das ist nicht zuletzt deswegen bemerkenswert, weil es ja oft gerade umgekehrt ist.

In Genua will er sein Lager aufschlagen, weil er anderswo noch nie schönere Frauen gesehen hat. "Ich begreife nicht, wie ein Mann von durchschnittlicher Willenskraft hier heiraten kann, denn bevor er seiner Sache sicher ist, hat er sich sicherlich schon in eine andere Frau verliebt." Eine anzusprechen fehlt ihm jedoch der Mut, er ist zu anständig. "Anstand hat mich seit jeher daran gehindert, im Leben weiterzukommen, und so wird es wohl immer sein." Es sind vor allem solch einfache und bestechende Einsichten, die mir die Twain-Lektüre wertvoll machen: Erfolg und Anstand gehen selten zusammen einher.

Odessa sehe genauso aus wie eine amerikanische Stadt, notiert er. Und unterstreicht seine Beobachtung auch damit: "Aus dem Reiseführer erfuhren wir, dass es in Odessa keine Sehenswürdigkeiten gab, und freuten uns darüber." Von Smyrna (dem heutigen Izmir) schreibt, die Stadt gleiche allen anderen orientalischen Städten, womit er meint: "Die Häuser der Moslems sind folglich wuchtig und dunkel und ebenso unbequem wie Gräber. Die Strassen sind krumm, schlampig und grob gepflastert und so schmal wie eine durchschnittliche Treppe; sie führen den Spaziergänger unweigerlich an einen anderen Ort als den, den er erreichen möchte, und sorgen für eine Überraschung, indem sie ihn dort absetzen, wo er es am wenigsten erwartet hat."

Kein Zweifel, Mark Twain hat klare Ansichten und hält damit nicht zurück, Das ist, wie wir alle wissen, nicht immer ein Vorteil (man denke an all die Trottel, die zwar Meinungen haben, denen jedoch das vorgängige Beobachten und Denken fehlt), in seinem Fall ist das eindeutig zu begrüssen, da er nicht nur über Verstand, sondern auch voller Widersprüche ist (was bekanntlich menschlich macht).

Wie viel Ironie bei diesen Schilderungen jeweils dabei ist, vermag ich nicht zu sagen, doch Sätze wie diese beschreiben Amerikaner so wie sie auch heutzutage an vielen Orten der Welt auftreten und wahrgenommen werden. "Überall starrten uns die Menschen an, und wir starrten zurück. Wir gaben ihnen auch meist das Gefühl, unbedeutend zu sein, ehe wir mit ihnen fertig waren, denn wir blickten mit amerikanischer Grösse auf sie herab, bis wir sie zurecht gestutzt hatten. Und doch fanden wir Gefallen an den Sitten und Gebräuchen und besonders an den Moden der verschiedenen von uns besuchten Völker."

Unterwegs mit den Arglosen  ist auch eine Anleitung zum intelligenten Reisen.  u jedenfalls verstehe ich etwa diesen Hinweis, der dafür plädiert, sich Zeit zu nehmen. "Man merkt erst wie wunderschön eine wunderschöne Frau ist, nachdem man sie kennengelernt hat; und die Regel gilt für die Niagarafälle, majestätische Berge und Moscheen – besonders für Moscheen."

Fazit: Scharfsinnig, witzig und unterhaltsam.

Mark Twain
Unterwegs mit den Arglosen
mareverlag, Hamburg 2021

Wednesday, 16 June 2021

Kommunikations- und Mediengeschichte

Philomen Schönhagen ist Professorin für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Uni Fribourg und das vorliegende, zusammen mit Mike Messner verfasste, Werk "ein Begleitbuch" zur ihrer Vorlesung. Mit anderen Worten: es ist ein akademisches Buch und das meint, dass noch die banalsten Aussagen referenziert werden. Das ist usus, ich weiss; Eitelkeit hat eben viele Formen.

Ich bin zwar akademisch ausgebildet, verstehe mich jedoch nicht als Akademiker (die arbeiten an der Uni): mich interessiert allein, ob dieses Buch (für mich) zu einer hilfreichen Horizonterweiterung beiträgt. Und es sei gleich vorweggenommen: Das tut es. Im Nachfolgenden greife ich einige Aspekte heraus, die mich besonders spannend dünkten; für eine fachliche Einschätzung fehlen mir die einschlägigen, und besonders die historischen, Kenntnisse.

Mediengeschichte beginnt mit der Schrift, ihre erste Revolution wird gemeinhin der Typografie von Gutenberg zugeschrieben. Nur eben: der Buchdruck für sich alleine wäre noch kein revolutionärer Umbruch gewesen, es brauchte dazu auch ein funktionierendes Postwesen. Es sind nicht zuletzt die vielfältigen Wechselwirkungen (wie die gesellschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Verhältnisse aufeinander einwirken), die dieses Buch verdienstvollerweise herausstreicht.

Versammlungskommunikation hat es so recht eigentlich immer schon gegeben, lerne ich. Und sie gibt es auch heute noch, etwa bei den Dowayo in Kamerun (der Bezug auf Nigel Barley bringt automatisch dies hier zu Bewusstsein), den schriftlosen Kulturen Nordost-Neuguineas und in einigen Schweizer Kantonen. Womit sich wieder einmal bestätigt findet, dass die Schweiz ein ausgesprochen exotisches Land ist.

Wie kommt es eigentlich, dass "die Entwicklung zur journalistisch vermittelten Kommunikation nachhaltig nur im Europa der Frühen Neuzeit zustande gekommen ist", da China zwar über kein Postsystem, doch über Papier und Typografie verfügte? Weil es "in Europa eine Tradition des umfassenden Austauschs (im Modus der Versammlungskommunikation)" gab, meinen die Autoren. Dazu kommt, dass die Renaissance aufs Diesseits und nicht mehr aufs Jenseits  ausgerichtet war, was auch zu einer Nachfrage nach weltlichen Nachrichten führte.

Einiges in diesem Buch machte mich sehr schmunzeln. Etwa, dass es ab 1705 in der Schweiz eine "natur- und länderkundliche Zeitschrift" mit dem Titel "Seltsamer Naturgeschichten des Schweizerlandes wochentliche Erzehlung", oder dass es ab 1730 in Schaffhausen  das "Hoch Oberkeitlich begünstigtes Kundschafts-Blättlein", oder dass es im 19. Jahrhundert Damenlesehallen gab. Letzteres erinnerte mich auch daran, wie Souad Mekhennet in "Nur wenn du allein kommst" eine Buchhandlung nahe einer Hamburger Moschee beschrieb: "Der kleine Bereich mit den Büchern für Frauen und Kinder war mit einem Vorhang vom Rest des Raums abgetrennt."

Kommunikations- und Mediengeschichte ist reich an mich faszinierenden Details. So wurde etwa der seit 1959 von Ringier herausgegebene "Blick" zu Beginn abgelehnt, nicht nur von der Konkurrenz, sondern auch von der Bevölkerung – "die 'reisserische' Art (die Schlagzeilen) galt als 'geschmacklos' und 'unschweizerisch'" (und wurde trotzdem zu einem Erfolg).

Jedes menschliche Zusammenleben erfordert den kommunikativen Austausch über "das, was alle angeht", zitieren die Autoren ein Rechtsgutachten von Peter Schneider zur Spiegel-Affäre. Von der Antike bis ins Mittelalter geschah dies vorwiegend auf Versammlungen, also da, wo der Mensch physisch präsent war. Im 16. Jahrhundert nahm dann die Kommunikation auf Distanz, die heute dominierende mediale Form, ihren Anfang. Dieser gesamtgesellschaftliche Austausch scheint zur Zeit gefährdet, da sich Social Media und Digitalplattformen nicht mehr an einem imaginierten öffentlichen Interesse, sondern an den situativen Bedürfnissen einzelner Nutzer orientieren.

Wie eingangs erwähnt: Dies ist ein akademisches Buch, definitive Aussagen sucht man also vergebens, mehr als ein differenziertes Sowohl als Auch ist da nicht zu haben. "Es bleibt also offen, ob die journalistische Vermittlung grundlegend für die gesellschaftliche Kommunikation bleiben wird und wie der umfassende gesellschaftliche Austausch ansonsten realisiert werden könnte, der für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wesentlich ist." Manchmal sind Akademiker eben auch ganz schön realistisch.

Philomen Schönhagen / Mike Meissner
Kommunikations- und Mediengeschichte
Von den Versammlungen bis zu den digitalen Medien
Herbert von Halem Verlag, Köln 2021

Wednesday, 9 June 2021

Those were the days ...

This is how I looked in 1978, on the back cover of "Carezzas" by Benni & Others, a rock group of which I was the singer.

Looking at this photograph triggers lots of other pictures in my head: The long recording sessions, the different people involved ... It is not a story with a beginning, a middle, and an end but a wild farrago, blurred like the picture above.

It does not cease to baffle me that although we (okay, not all but quite some) know that time does not exist, photographs do show us the passing of time. How come? No idea, really, it is just like it is for contradictions only exist in our minds.

Wednesday, 2 June 2021

Sugimoto & Sakakida: Old Is New

Winter Solstice Light at Enoura Observatory

The firm New Material Research Laboratory (NMRL) was founded in 2008 by Hiroshi Sugimoto (born 1948) and Tomoyuki Sakakida (born 1976) and is guided by the idea that “The oldest things are the newest.” Since I’m at a loss what this exactly means, I turn to the press release that informs me that “Sugimoto and Sakakida founded New Material Research Laboratory with an aim to develop “new” materials for construction based upon much older materials and techniques. The NMRL reinvigorates material from ancient times and the Middle Ages by using it in the context of a distinctly contemporary design sensibility and thus creating a physical connection between the past and the present.”

My interest in this tome is two-fold: On the one hand, things Japanese (mainly Zen ideas and design) have accompanied me throughout my life. Moreover, after a visit to Japan, two years ago, I became fond of writers like Haruki Murakami, Keigo Higashino and Mieko Kawakami. On the other hand, my fascination with the world of pictures that started with documentary photography (the stories behind the picture) has over time turned into being mostly attracted by the surface (what has been framed, that is) and it is the art of framing that defines architectural photography for me. 

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