Dieses ansprechend gestaltete Werk (Wagenbach, Berlin 2024) versammelt Texte italienischer Autoren (Frauen wie Männer), hauptsächlich des Zwanzigsten Jahrhunderts. Das Ziel dabei war, das leite ich aus dem Titel ab (einschlägige Informationen fehlen), auf das Wunder Italiens aufmerksam zu machen. Anders gesagt: Auf das Spezielle an Italien hinzuweisen. Doch ich irrte mich, denn was diese Texte gemein haben, ist nicht Italien, sondern eine italienische Art und Weise durchs Leben zu gehen, sei es im Heimatland, sei es in der Schweiz, Marseille oder in New York.
Eingeleitet wird das Büchlein (es umfasst ganze 80 Seiten) von einem Prolog von Giacomo Leopardi, der darauf hinweist, dass die italienischen Gebräuche und Gewohnheiten (Sitten will er sie nicht nennen), eher regional als national seien. Der anschliessende Text von Francesca Melandri führt dann genau das vor, am Beispiel des Südtirol.
Umberto Eco erzählt von einem pakistanischen Taxifahrer in New York, der nichts von Italien weiss und nicht glauben kann, dass ein Land keine Feinde hat. Pier Paolo Pasolini berichtet vom Verschwinden der Glühwürmchen und dem Lebensgefühl der fröhlichen, mittlerweile ebenfalls verschwundenen Bäckerjungen, mit den für mich schönsten Sätzen dieses Bändchens. "Der Welt des Reichtums hatte er seine Welt, mit eigenen Werten, entgegenzusetzen: Vor allem: Dieser Junge war fröhlich." Natalia Ginzburg erinnert sich an ihre kaputten Schuhe.
Die Texte sind ganz unterschiedlich, beschreiben Städte, Landschaften und Menschen. Auch die offenbar unerlässlichen Ausflüge in die Geschichte fehlen nicht. Mein Favorit ist Luigi Malerbas "Sightseeing in Rom", eine höchst amüsante Geschichte, in der Schweizer Touristen bzw. deren Mentalität, die für Römer gänzlich unbegreiflich ist, eine zentrale Rolle spielen.
Es versteht sich: Die Italiener gibt es natürlich nicht. Genauso wenig wie die Römer oder die Piemontesen. Obwohl jeder und jede weiss, dass sie es eben doch gibt. Irgendwie. Überaus erhellende Gedanken zu diesem Thema stammen von Michela Murgia, die unter anderem meint: "... denn von derselben Mutter geboren zu werden, hat noch niemals Zugehörigkeit gestiftet, nicht einmal unter Katzen."
Fazit: Eine sehr gelungene Darstellung der diversità italiana, anregend, informativ, zum Schmunzeln.
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