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Sunday, 9 March 2025
Das tägliche Gegengift
Wednesday, 5 March 2025
Typisch China?
Damit es gleich gesagt ist: Zwei der in diesem schmalen Band versammelten vier "Essays in global vergleichender Kulturgeschichte" sind bereits in anderen Verlagen erschienen und zwar noch gar nicht so lange zurückliegend: 'Komplexe Kulturen' in 2006 (Bautz), 'China - eine altsäkulare Zivilisation' in 2008 (Romero Haus). Die Texte über 'Chinesisches in europäischen Alphabetschriften' und 'Die Schweiz - ein Studienobjekt interkultureller Politologie' sind in dieser Form noch nicht publiziert worden.
Es sei an der Zeit, über einfache Zweiteilungen wie Osten und Westen, Christentum und Islam, Europa und China hinauszukommen, liest man in der Einleitung. Unterstrichen wird dies mit einem sehr schönen Zitat von Hermann Hesse, der im Dezember 1921 in der NZZ schrieb: "… wir sehen im alten China Hinweisungen auf eine Denkart, welche wir allzusehr vernachlässigt haben; wir sehen dort Kräfte gepflegt und erkannt, um welche wir uns, mit anderem beschäftigt, allzu lange nicht mehr gekümmert haben."
Das gilt auch für den vierten und letzten Essay, der sich jedoch nicht mit sprachwissenschaftlichen und schriftgeschichtlichen sondern mit juristischen Fragen auseinandersetzt. Auch hier findet man wieder den Hinweis, dass sich die Kulturen gar nicht so unterscheiden, sondern dass man in der Regel in der einen Kultur etwas in den Vordergrund rückt, was in der anderen im Hintergrund bleibt. So sind zum Beispiel informelle Konfliktlösungen, die in Japan und China prominent vertreten sind, auch der Schweiz nicht fremd (Deutschland hingegen schon, möchte man da sofort beifügen). Worum es dem Autor ganz zentral geht, drückt er im letzten Absatz dieses Essays so aus: "Ein Netzt von typologischen Gemeinsamkeiten kreuz und quer über politische Grenzen, geschichtliche Entwicklungsläufe und geographische Entfernungen hinweg bietet Leitfäden an, denen folgend die politologische Verständigung und die politische Zusammenarbeit eine vielförmige Gestalt gewinnen können."
Noch dies: die offensichtlichen Sympathien, die Holenstein China entgegen bringt, treiben manchmal auch etwas eigenartige Blüten. Als der Dalai Lama im Jahre 2005, anlässlich der Jahrestagung der Society of Neuroscience in Washington D.C., zu einem Vortrag eingeladen wurde, protestierten 500 Neurowissenschaftler, die vorwiegend chinesischer Abstammung und in den USA tätig waren. In Erwägung ziehen könnte man, meint Holenstein, dass der Protest nicht nur, wie die Presse unterstellte, aus Willfährigkeit gegenüber der chinesischen Regierung erfolgte, sondern "auch damit zu tun haben könnte, dass in China in der Vergangenheit die Kritik an der buddhaitischen Religion immer wieder mit dem Obskurantismus und Zelotentum begründet wurde, denen gegenüber buddhaitische Mönche wie Anhänger auch aller anderen grossen Religionen nicht immer immun waren. Religiöses Schwärmertum und von charismatischen Religionslehrern genährte Unruhen sind im allgemeinen Geschichtsbewusstsein in China präsent geblieben und werden von einem Teil der Regierenden gezielt präsent gehalten. Entsprechend ist keineswegs bloss die Regierung möglichen Anfängen in die Richtung überempfindlich auf der Hut." Dass kann schon sein, doch ohne dass dem Leser der Wortlaut dieses Protestes mitgeteilt wird, bleibt dies eine ziemlich obskure Behauptung.