"David Bailey hatte in seinem Leben nur zwei Liebschaften: Photographie und schöne Frauen", schreibt Brian Clarke (ein dummer Satz, denn Bailey lebt immer noch) im 1980 im Schirmer/Mosel Verlag erschienen Band "Mrs. David Bailey". Es ist dies mein allererstes Fotobuch gewesen und ich fand und finde die Aufnahmen der aussergewöhnlich schönen Marie Helvin-Bailey sehr ansprechend. Genauer: ich finde Marie Helvin wunderschön, die Aufnahmen gefallen mir einfach, aber es ist Marie Helvin und nicht den Aufnahmen von ihr, der meine Aufmerksamkeit gilt. Und genau das ist das Sonderbare oder das Magische an der Fotografie: wir glauben die reale Person anzusehen, während wir doch nur zwei-dimensionale Reduktionen einer drei-dimensionalen Wirklichkeit vor Augen haben
Mein zweiter Bezug zu David Bailey ist Michelangelo Antonionis "Blow Up", dessen Hauptdarsteller, David Hemmings, einen Fotografen spielt für den Bailey Pate gestanden haben soll.
Francis Bacon 1983 @ David Bailey
Als ich mir Anfang März David Baileys Retrospektive (auf der Bailey's Stardust beruht) in der Londoner National Portrait Gallery anschaute, fragte ich mich immer mal wieder, ob es an den Dargestellten (Francis Bacon, Kate Moss, die Rolling Stones, David Bowie zusammen mit Susan Sarandon, Catherine Bailey etc.) lag, dass mir viele der Porträts gefielen oder an Baileys Fotokunst. Vermutlich an Beidem.
"Dass er als Fotograf vom Porträt her dachte, war David Baileys visueller Sensibilität in vielerlei Hinsicht förderlich", schreibt Tim Marlow in seinem Essay über "Bailey und die Porträtfotografie". Und weiter: "Es war keinesfalls nur so, dass er mit vielen seiner Models schlief, sondern er arbeitete mit ihnen erkennbar zusammen, er sympathisierte mit ihnen, stellte sie nicht als Puppen dar, sondern als Menschen und liess Aspekte ihrer Persönlichkeit durchschimmern." Woran das Marlow genau fest macht, dass Bailey mit ihnen erkennbar zusammen arbeitete, ist mir nicht wirklich erkennbar.
Ein Kapitel von Bailey's Stardust ist dem ehemaligen Model, "Ehefrau, Muse und Mutter seiner drei Kinder", Catherine Bailey gewidmet, die er im Laufe der Jahre immer wieder und in ganz unterschiedlichsten Zusammenhängen fotografiert hat und die auf die Frage, ob sie sich als Objekt benutzt fühle, antwortete: "Um Himmels willen, nein, ich habe alles unter Kontrolle. Immer!"
Kate Moss 2013 @ David Bailey
Von 2001 bis 2005 fragte Bailey die Besucher seines Ateliers, ob sie bereit wären, sich nackt fotografieren zu lassen - keiner lehnte ab. Das Shooting dauerte 10 Minuten, die Teilnehmer wurden aufgefordert sich auf eine Markierung, etwa zwei Meter vor Bailey's Kamera, zu stellen. Der Hintergrund war bei allen weiss ausgeleuchtet. "Diese konsistente Vorgehensweise, die Bailey als 'erzwungene Demokratie' bezeichnete, sollte gewährleisten, dass die einzige Variation von den Menschen selbst kam." Einer der Abgebildeten ist der Rentner "Prince Albert", vielfältigst am ganzen Körper tätowiert, mit lackierten Fingernägeln, das ganze Gesicht und die Schamgegend behängt mit Ringen in den unterschiedlichsten Grössen. Speziell dieser, doch auch all die anderen, die an diesem "Democracy"-Projekt teilnahmen, hätten keinen Bailey gebraucht, jeder andere Fotograf hätte sie auch so ablichten können. Nur: die Idee war von Bailey, und die Ausführung ebenso.
Dieser Band dokumentiert eindrücklich, dass David Bailey nicht "nur" ein Modefotograf ist; man findet hier Aufnahmen aus dem Sudan, Papua-Neuguinea, Nagaland, von Aborigines, Schädeln und und und ... die mich vor allem ansprechenden finden sich unter dem Titel "Künstler", und da besonders die Porträts von Baileys Fotografen-Kollegen und ganz speziell die von Manuel Alvarez Bravo, Don McCullin und Bill Brandt.
Bailey's Stardust
Prestel Verlag
München London New York 2014
www.prestel.de
Mein zweiter Bezug zu David Bailey ist Michelangelo Antonionis "Blow Up", dessen Hauptdarsteller, David Hemmings, einen Fotografen spielt für den Bailey Pate gestanden haben soll.
Francis Bacon 1983 @ David Bailey
Als ich mir Anfang März David Baileys Retrospektive (auf der Bailey's Stardust beruht) in der Londoner National Portrait Gallery anschaute, fragte ich mich immer mal wieder, ob es an den Dargestellten (Francis Bacon, Kate Moss, die Rolling Stones, David Bowie zusammen mit Susan Sarandon, Catherine Bailey etc.) lag, dass mir viele der Porträts gefielen oder an Baileys Fotokunst. Vermutlich an Beidem.
"Dass er als Fotograf vom Porträt her dachte, war David Baileys visueller Sensibilität in vielerlei Hinsicht förderlich", schreibt Tim Marlow in seinem Essay über "Bailey und die Porträtfotografie". Und weiter: "Es war keinesfalls nur so, dass er mit vielen seiner Models schlief, sondern er arbeitete mit ihnen erkennbar zusammen, er sympathisierte mit ihnen, stellte sie nicht als Puppen dar, sondern als Menschen und liess Aspekte ihrer Persönlichkeit durchschimmern." Woran das Marlow genau fest macht, dass Bailey mit ihnen erkennbar zusammen arbeitete, ist mir nicht wirklich erkennbar.
Ein Kapitel von Bailey's Stardust ist dem ehemaligen Model, "Ehefrau, Muse und Mutter seiner drei Kinder", Catherine Bailey gewidmet, die er im Laufe der Jahre immer wieder und in ganz unterschiedlichsten Zusammenhängen fotografiert hat und die auf die Frage, ob sie sich als Objekt benutzt fühle, antwortete: "Um Himmels willen, nein, ich habe alles unter Kontrolle. Immer!"
Kate Moss 2013 @ David Bailey
Von 2001 bis 2005 fragte Bailey die Besucher seines Ateliers, ob sie bereit wären, sich nackt fotografieren zu lassen - keiner lehnte ab. Das Shooting dauerte 10 Minuten, die Teilnehmer wurden aufgefordert sich auf eine Markierung, etwa zwei Meter vor Bailey's Kamera, zu stellen. Der Hintergrund war bei allen weiss ausgeleuchtet. "Diese konsistente Vorgehensweise, die Bailey als 'erzwungene Demokratie' bezeichnete, sollte gewährleisten, dass die einzige Variation von den Menschen selbst kam." Einer der Abgebildeten ist der Rentner "Prince Albert", vielfältigst am ganzen Körper tätowiert, mit lackierten Fingernägeln, das ganze Gesicht und die Schamgegend behängt mit Ringen in den unterschiedlichsten Grössen. Speziell dieser, doch auch all die anderen, die an diesem "Democracy"-Projekt teilnahmen, hätten keinen Bailey gebraucht, jeder andere Fotograf hätte sie auch so ablichten können. Nur: die Idee war von Bailey, und die Ausführung ebenso.
Dieser Band dokumentiert eindrücklich, dass David Bailey nicht "nur" ein Modefotograf ist; man findet hier Aufnahmen aus dem Sudan, Papua-Neuguinea, Nagaland, von Aborigines, Schädeln und und und ... die mich vor allem ansprechenden finden sich unter dem Titel "Künstler", und da besonders die Porträts von Baileys Fotografen-Kollegen und ganz speziell die von Manuel Alvarez Bravo, Don McCullin und Bill Brandt.
Bailey's Stardust
Prestel Verlag
München London New York 2014
www.prestel.de