Wednesday, 11 October 2023

Peter Mathis: Berge

Meine Reaktion beim ersten Durchblättern: Magisch! Gefolgt von dem Gedanken: Einige der Bilder sehen ähnlich aus, wie Bilder meiner Handy-Kamera, und das meint: Nicht so, wie es mein Auge wahrnimmt. Nun gut, was man mit blossem Auge und was man durch eine Kameralinse sieht, ist immer etwas anderes. Doch das ist noch einmal eine andere Geschichte. Hier will ich dies sagen: Mir scheint, die Kamera des Peter Mathis macht aus dem, was sich vor der Kamera befunden hat, etwas Anderes, Neues. Diese Fotos bilden die Realität nicht ab, diese Fotos schaffen sie.

Natürlich kann ich das nicht mit Sicherheit behaupten, denn weder kenne ich Peter Mathis, noch ist mir die Art und Weise, wie er fotografiert, geläufig. Ein klein wenig weiss ich hingegen schon, weil er beschreibt, worum es ihm beim Fotografieren geht. "Ich mache das Bild genau so, wie ich es mir vorgestellt habe." Er fotografiert also das Bild in seinem Kopf.

Fotos bilden die Welt nicht ab, wie viele glauben, sie kreieren eine eigene, eine fotografierte. Das ist uns selten bewusst, da uns die fotografierte Welt real erscheint. Nur eben: Sie ist es nicht, denn sie reduziert eine dreidimensionale Realität auf zwei Dimensionen, zudem fehlen der fotografierten Welt sowohl die Geräusche als auch die Gerüche.

Die Bergwelt des Peter Mathis macht mich staunen, sie erfüllt mich mit Ehrfurcht. Der Gedanke an Kunst, die der Verfasser des Geleitwortes, Malte Roeper, mit diesen Aufnahmen verbindet, stellt sie bei mir hingegen nicht ein. Für mich sind Fotografen keine Künstler, auch wenn ich die Bilder, die sie machen, manchmal als Kunstwerke gelten lassen würde. Im Falle der Berg- und der Landschaftsfotografie ist jedoch für mich die Natur die Künstlerin; das Verdienst des Fotografen ist, dass er uns darauf aufmerksam macht.

Die Aufnahmen in diesem prachtvollen Band erfolgten in verschiedenen Teilen der Welt, bei einigen hat Peter Mathis beschrieben, unter was für Umständen und Wetterbedingungen sie entstanden sind. Mit diesen Informationen im Kopf betrachte ich die Bilder noch einmal anders als beim ersten Mal, als ich ohne Vorwissen die Fotos einfach auf mich habe wirken lassen. Jetzt glaube ich auch die Kälte, den Regen und den Wind wahrzunehmen.

Besonders angetan haben es mir die von Wolken umhüllten Gipfel. Und natürlich der Salar de Uyuni im bolivianischen Altiplano. Und dann das Matterhorn, das ich so noch nie gesehen habe. Und ... doch, Halt, Stopp, bevor ich hier noch alle anderen erwähne ...

Bücher haben bekanntlich ihre Zeit. Für Fotos gilt das genau so. Jedenfalls wirkten diese Aufnahmen bei jedem Betrachten wieder anders und neu, was natürlich auch von meinen Stimmungen abhängt. Was diese Bilder bei mir auch auslösen: Diese majestätische Natur ist so viel grösser als wir Menschen es sind, so viel beständiger und so viel unbegreiflicher.

Peter Mathis
Berge
Prestel, München°London°New York 2023

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