Wednesday, 17 April 2013

Frans Lanting: Okavango

Zum ersten Mal erschienen ist dieser prächtige Bildband 1993; die nun vorliegende Version wurde neu gestaltet und um einige Dutzend neue Bilder ergänzt, einschliesslich der zugehörigen, informativen und die Bilder kongenial ergänzenden Texte.

Die Kalahari, auch Durstland genannt, weil es hier den grössten Teil des Jahres kein stehendes Gewässer gibt und einige Flüsse zwar hinein aber nicht wieder hinaus fliessen, ist die grösste zusammenhängende Sandfläche der Welt. Sie reicht von Südafrika über mehr als 2'400 Kilometer nach Norden bis zum Kongo und bildet den grössten Teil Botswanas.

In dieser Wüste gibt es ein Wunder: das Okavangodelta, ein mehr als 22'000 Quadratkilometer grosses Feuchtigkeitsgebiet, das eine einmalige Vielfalt an Pflanzen und Tieren beheimatet. Es ist einer der wenigen Orte, an denen Wüsten- und Sumpfbewohner aufeinander treffen. Da finden sich sowohl Flusspferde, Krokodile wie auch Zebras, Büffel, Giraffen, Löwen, Hyänen und der grösste Elefantenbestand des afrikanischen Kontinents.
Ein Lappenchamäleon 
schleicht am Rand einer trockenen Lehmpfanne entlang

Die meisten Bilder zeigen Tiere. "Tierfotografie in Afrika", schreibt Lanting, "ist zum Teil Naturwissenschaft, zum Teil gute Buschkenntnisse, zum Teil Geschichtenerzählen – und genau so habe ich sie gern." Übrigens: Bereits Livingstone hatte 1858 auf seiner Expedition zum Sambesi eine Kamera dabei.

Dem Buch vorangestellt ist unter anderem dieses auf inspirierende Zitat von Henry Beston aus "The Outermost House": "Tiere soll man nicht an den Massstäben der Menschen messen, leben sie doch in einer Welt, die älter und vollständiger ist als unsere. In ihr bewegen sie sich fertig und vollständig ausgestattet mit Erweiterungen der Sinne, die wir verloren oder nie erworben haben, und sie lauschen auf Stimmen, die wir nie hören werden. Sie sind weder unsere Brüder noch unsere Untergebene, sondern andere Völker, gefesselt wie wir im Netz von Leben und Zeit, Mitgefangene der Pracht und Mühsal der Erde."
 
Der Fluss Okavango, die Lebensader des Okavangodeltas
und wo der Fluss endet, mitten in einer Wüste im südlichen Afrika

"Okavango" ist aber nicht nur ein Buch über Tiere, sondern ebenso ein Buch über das Wasser: Die Quelle des Okavango liegt im angolanischen Hochland. Im Norden Botswanas teilt er sich dann in mehrere Hauptkanäle, um sich dann als riesiger Fächer aus kleineren Wasserläufen auszuweiten und schlussendlich als Fluss sein Ende findet und zwar in der Kalahari, die auch eines der grössten Feuchtgebiete der Erde ist.
Ein Ochsenfrosch, der fast ein Jahr unter dem harten 
Ton einer Pfanne übersommert hat, kriecht vom Regen geweckt
an die Oberfläche und nimmt sein Revier in Besitz

Sich mit diesem Buch beschäftigen bedeutet, aus dem Staunen nicht mehr herauszukommen. Ich jedenfalls staunte über unfassbare Weiten, wunderte mich, wie solche Nahaufnahmen von nicht ungefährlichen Tieren enstehen konnten, fühlte mich gefesselt von kitschigen Sonnenuntergängen, die nur die Natur hervorzuzaubern vermag. Und freute mich, dass es so prachtvolle Bücher wie dieses gibt, die mir erlauben, eine mir unbekannte Welt zu entdecken, die ich ohne Frans Lanting und seine Kamera wohl nie zu sehen gekriegt hätte.

Frans Lanting
Okavango
Afrikas Letztes Paradies
Taschen, Köln 2012

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