Wednesday, 12 August 2020

Wie Bilder Wahlkampf machen

Die Autorinnen dieses Bandes forschen und lehren als Politikwissenschaftlerinnen an der Universität Wien. Wie Bilder Wahlkampf machen ist ein akademisches Buch und das meint, dass auch das Allerbanalste referenziert wird. Selbst eine Aussage wie dass Wahlkämpfe und Bilder zusammengehören, kommt ohne Quellenangabe nicht aus!

"Das Buch setzt sich mit rezenten politik- und kommunikationswissenschaftlichen Forschungen zur Bildverwendung in der politischen Kommunikation sowie mit kulturwissenschaftlichen Ansätzen der Bildanalyse auseinander und wendet diese erstmals auf den österreichischen Kontext an", lese ich auf dem Buchumschlag. Als an akademischen Debatten Uninteressierter und mit der österreichischen Politik Unvertrauter  interessiert mich an diesem Band allein, ob der Titel hält, was er verspricht.

Zehn Funktionen politischer Bilder haben die Autorinnen ausgemacht: Implizite Argumentation, Agenda Setting, Dramatisierung, Emotionalisierung. Imagebildung, Identifikation, Dokumentation, Symbolisierung, Transport und Mehrdeutigkeit. Sie erwähnen auch, dass sich diese "ergänzen und auch überlagern können."

Je weiter ich mit der Lektüre vorankomme, je klarer wird mir, dass ich mir unter dem Titel etwas anderes vorgestellt habe als die beiden Autorinnen. Ich hatte gehofft, mir werde aufgezeigt, wie man den Einfluss von Bildern messen kann, das Buch handelt hingegen davon, was andere (meist) Akademiker zu Visuellem Storytelling, Visueller Selbstinszenierung, Image Management etc. publiziert haben. 

Positiv formuliert: Wie Bilder Wahlkampf machen gibt einen gut geschriebenen Überblick zum Thema Bilder und Politik. Dass der Text sich angesichts der zahlreichen Definitionen (die Anker im akademischen Meer) ausgesprochen flüssig liest, ist bemerkenswert.

Dieser Bestandesaufnahme, die auch eine grosse Fleissarbeit ist, fehlt jedoch das kritische Hinterfragen. So wird etwa in Kapitel 4, "Mit Bildern Geschichten erzählen: Visuelles Storytelling im Wahlkampf" ausführlich auf verschiedene Storytelling-Arten eingegangen, jedoch ohne dass das Storytelling an sich kritisch beleuchtet wird (wie etwa hier). 

Besonders aufschlussreich fand ich die Ausführungen über Michelle Obamas Gemüsegarten (gutes Storytelling!) sowie die Schilderungen der mich nicht überraschenden Selbstinszenierungsfähigkeiten von 
Alexandria Ocasio-Cortez.

Ein Satz wie "Bilder können Menschen zu 'Affektgemeinschaften' verbinden" ("können" ist so vage, dass es schon fast keine Aussage ist) weist auf das Dilemma dieser Studie hin: Der Absenz von klaren, eindeutigen und verbindlichen Aussagen. Das ist eben so, wenn man sich bemüht, wissenschaftlich zu arbeiten - mehr als "educated guesses" sind nicht zu haben und diese lasse ich mir gerne gefallen, wenn sie so unprätentiös daherkommen wie in diesem Werk.

Petra Bernhardt
Karin Liebhart
Wie Bilder Wahlkampf machen
mandelbaum verlag, Wien 2020 

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