Und schliesslich als letztes: der Paul (Feyerabend) ist für einen weitgespannten, wildbewegten Pluralismus und für neue, aufregende Gedanken und Erfahrungen, für die permanente geistige und sinnliche Revolution: möglichst viel ausprobieren, entwickeln, rumflippen, weitergehen, provozieren usw. Das ist mir alles irgendwo ein bissel zu heiss und zu schnell, da schwirrt mir der Kopf: lauter Schmetterlinge in Aufregung: Und auch zu viel – das ist wie auf der Achterbahn: kaum bist du oben geht’s wieder runter und dann reisst’s dich wieder aus den Pantinen. Ich glaube hingegen, wir haben auch die Sehnsucht danach auszuflippen aus der reissenden Zeit und aus der Veränderung, nicht immer wieder Neues und Besseres und schneller und höher und mehr und witziger und klüger und weiser. Sondern ein bissel Klugheit hier und ein bissel Witz dort und wiederum ein bissel Weisheit da.
Hans Peter Duerr: Satyricon
Ich glaube, man kann nur ein guter Ethnologe sein, wenn man keine zu festen Standpunkte hat. Bismarck hat einmal gesagt: „Ein Mensch mit Grundsätzen ist wie einer, der mit ’ner Stange im Maul durch den Wald rennt.“ Man braucht keine Grundsätze oder Standpunkte, sondern Empathie oder ein ‚feeling’, um es auf deutsch auszudrücken. Ich war eigentlich noch nie in einer Umgebung, in der ich das Gefühl gehabt hätte, die Leute nicht zu verstehen, weder unter Pennern, Nutten, Mannheimer Rentnern oder ostindonesischen Dorfbewohnern. Ich verstehe sogar die Leute auf den Tagungen der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde, einmal vorausgesetzt, sie reden nicht über „Netzwerkanalyse“.
Hans Peter Duerr: Auf dem Zaun oder zwischen den Stühlen?
Ich glaube, ein Feldforscher sollte so wenig wie nur möglich in Erscheinung treten. Der beste Feldforscher, den ich kenne, ist meines Erachtens der Berliner Professor Hartmut Zinser. Als ich drei Monate nach seinem Aufenthalt in dem Dorf Belogili auf Flores nach ihm fragte, konnte sich niemand mehr an ihn erinnern.
Hans Peter Duerr: Auf dem Zaun oder zwischen den Stühlen?
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