Wednesday, 22 May 2024

Aus Stendhals Rot und Schwarz

Je höher man die Gesellschaftsleiter hinanklimmt,’ sagte sich Julien, ‚umso liebenswürdiger werden die Manieren.’

Sie gelangen zur Macht, aber um welchen Preis, du grosser Gott!

In meiner Eitelkeit habe ich mir so oft etwas darauf zugute getan, dass ich anders bin als die übrigen jungen Burschen. Nun, ich bin alt genug, um einzusehen, dass „Anderssein Hass erweckt“, sagte er sich eines Morgens. Diese grosse Wahrheit war ihm soeben durch einen seiner bittersten Misserfolge vor Augen geführt worden.

Und was finde ich hier? Hochmut, seelenlose Eitelkeit, alle Abstufungen der Selbstliebe, sonst nichts!

Welchen Wahnwitz wir auch aus Furcht begehen, er wird entschuldigt. Entartetes und trostloses Jahrhundert!

.... ein Jäger gibt im Wald einen Schuss ab, seine Beute fällt, er eilt auf sie zu. Sein Stiefel fährt in einen zwei Fuss hohen Ameisenhaufen, zerstört die Wohnstätte der Tiere, verstreut weithin die Ameisen, die Eier ... Die besten Philosophen unter den Ameisen werden nie begreifen können, was das für ein schwarzer, riesenhafter, schrecklicher Körper war, dieser Jägerstiefel, der mit einem Schlage rasend schnell in ihren Bau eindrang, nachdem es einen furchtbaren Knall und eine rötliche Feuergarbe gegeben hatte ... So wären Tod, Leben, Ewigkeit ganz einfache Dinge für einen, der Organe hätte, weit genug, um sie zu begreifen ...

Stendhal: Rot und Schwarz

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