Wednesday, 13 March 2024

Schwyz. Uri. Unterwalden

Bei diesem Buch handelt es sich um eine zweisprachige Ausgabe, Englisch - Deutsch. Ich habe die beiden Texte nur ganz rudimentär verglichen – für mein Sprachgefühl klingen sie sehr verschieden, was ja bei Übersetzungen kein Nachteil zu sein braucht. Trotzdem: Meine Präferenzen in Sachen Sprachrhythmus wären andere gewesen.

Die bekannte Zen-Einsicht, die die Einführung zu diesem Text einleitet ("Bevor ich dreissig Jahre lang Zen studierte, hatte ich Berge als  Berge und Flüsse als Flüsse gesehen. Als ich ein besseres Verständnis entwickelte, gelangte ich an den Punkt, an dem ich sah, dass Berge nicht Berge sind und Flüsse nicht Flüsse. Jetzt aber, da ich der Ruhe beheimatet bin, sage ich: Berge sind wirklich Berge und Flüsse wirklich Flüsse." Ch'ing-yüan Wei-hsin), schraubte meine Erwartungshaltung in ziemliche Höhen. Nur eben: Die Texte haben so ziemlich gar nichts damit zu tun, denn diese Zen-Einsicht beschreibt so recht eigentlich ein Satori.

Shelbys Ur-Grossvater stammt aus der Schweiz, sie selber ist in den USA aufgewachsen, will aber unbedingt in der Schweiz Wurzeln schlagen. Es ist eine Obsession. Woher diese kommt, weiss sie nicht. Anstatt dies gross zu analysieren, was selten mehr als interpretieren ist, beschliesst sie, die Urschweiz zu erfahren. Und sie tut dies, indem sie sie erwandert. Ein Ansatz, der mich anspricht.

"Das Ziel war nicht mehr, ein objektives Wissen über die Region zu erlangen, sondern vielmehr den verbindenden Fäden nachzuspüren, die mich von einem Moment zum nächsten brachten. Um welche Arten von Beziehung handelt es sich, wenn es um Geschmack, Berührung, Geruch ging – um Sinneseindrücke statt Geschichten?" So sehr mir diese Herangehensweise auch gefällt, in die Texte umgesetzt habe ich sie nicht gefunden. Stattdessen: "Die Stämme der Bäume sind mit Moos überwachsen und verzweigen sich in fingerartige Wurzeln, die sich in den Boden graben."

Die kurzen Sequenzen, die sie aneinander reiht, beschreiben sehr Allgemeines, das ich nicht speziell mit den drei Ur-Kantonen in Verbindung bringe. Sie schreitet, kraxelt, geht vorbei. Sie schreibt von Flüssen und Bergen, ohne sie zu benennen. Zu den wenigen Stellen, in denen ein Ortsname erscheint, gehört diese, sehr schöne. "Als ich in Erstfeld ankomme, versinkt die Sonne gerade hinter den dunklen Wänden des Tals. Ich such die nächste Zugverbindung nach Basel. Am Kiosk kaufe ich einen Kaffee und frage die Frau hinter dem Schalter, wo die Altstadt ist. Sie lächelt ein wenig amüsiert: 'Das ist sie.'"
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Von einer Integration in die Landschaft und der persönlichen Einschreibung in die Geschichte, handeln gemäss Christian de Simoni diese Texte. Wer mit solchen Formulierungen etwas anfangen kann, der oder die wird vermutlich auch diesem Büchlein etwas abgewinnen können.

Shelby Stuart
Schwyz. Uri. Unterwalden.
edition taberna kritika, Bern 2024

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