Wednesday 30 September 2009

Praised be the generalists!

The other day, my friend Trevor, a PhD-student at La Trobe, sent me these excellent quotes:

The monomaths do not only swarm over a specialism, they also play dirty. In each new area that Posner picks—policy or science—the experts start to erect barricades. “Even in relatively soft fields, specialists tend to develop a specialised vocabulary which creates barriers to entry,” Posner says with his economic hat pulled down over his head. “Specialists want to fend off the generalists. They may also want to convince themselves that what they are doing is really very difficult and challenging. One of the ways they do that is to develop what they regard a rigorous methodology—often mathematical.

“The specialist will always be able to nail the generalists by pointing out that they don’t use the vocabulary quite right and they make mistakes that an insider would never make. It’s a defence mechanism. They don’t like people invading their turf, especially outsiders criticising insiders. So if I make mistakes about this economic situation, it doesn’t really bother me tremendously. It’s not my field. I can make mistakes. On the other hand for me to be criticising someone whose whole career is committed to a particular outlook and method and so on, that is very painful.”

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Monday 28 September 2009

On Brigitte Bardot & being French

Today, Brigitte Bardot turns 75, and I turn 56 - I doubt that she knows about this coincidence (if there are any, that is). The other day, there was an interesting article about her in The Guardian, accompanied by a few quotes of which I especially identified with this one: 'It is sad to grow old but nice to ripen'. Here's an excerpt:

Perhaps, Bardot's most formidable asset, in the typical French fashion, was that she didn't care. When Jane Birkin made Don Juan with her in 1973, she was stunned: "[Brigitte] never wanted to do a film that was outside France because she didn't want to leave her dear France. She seemed to have no ambition whatsoever, which made her a very curiously attractive creature because she was never seeking any sort of approval. To the contrary, it didn't seem to matter at all. She just didn't care. "

"She was indifferent to the power she had," says French writer and playwright Paul Fournel. "She didn't really want to be an actress, a singer or a sex symbol, but it just happened that way. She had such a physical presence. She had a way to manage her beauty, which was very forward-looking. The woman she was in 1956 was already the woman post-1968. She was so modern that way." Nicole Farhi agrees: "She loved living barefoot without a care in the world, and certainly without a care of what people might say about her. All this is very French."

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Saturday 26 September 2009

Look and see!

It could be said, then, that the best answer to "What is everything?" is "Look and see!"
Alan Watts: The Book on the Taboo Against Knowing Who You Are

Thursday 24 September 2009

Das Ende meiner Sucht

"Das Ende meiner Sucht" von Olivier Ameisen ist ein unbedingt lesenswertes Buch, das davon berichtet, wie der Autor, ein erfolgreicher Arzt und Wissenschaftler, seinen Weg aus der Alkoholabhängigkeit gefunden hat. Dabei hat Ameisen eine aussergewöhnliche Entdeckung gemacht, die bisher von den meisten im Bereich der Suchtherapie Tätigen nicht zur Kenntnis genommen wird. Dies erstaunt nicht, denn radikal neuen Erkenntnissen sind immer schon Steine in den Weg gelegt worden. Doch der Reihe nach:

Olivier Ameisen ist Alkoholiker und hat so ziemlich alles versucht, was an gängigen Angeboten zur Suchtbekämpfung vorhanden ist - Psychopharmaka, Rational Recovery, Meetings der Anonymen Alkoholiker (AA), Aufenthalte in Entzugskliniken - zudem betrieb er Sport und Yoga, doch nichts davon hielt ihn für längere Zeit vom Trinken ab. Dies lag nicht daran, dass er zuwenig motiviert war. So schreibt er:

"Das Konzept von Rational Recovery (RR) sprach mich sehr an. Die zentralen Voraussetzungen sind, dass Alkoholismus keine biologische Erkrankung ist, sondern ein Verhaltensproblem, das der Betroffenen mit seinen eigenen mentalen Ressourcen überwinden kann. Nach meiner Erfahrung erwiesen sich jedoch die "innere Macht", die bei RR eine so grosse Rolle spielt, und die "grössere Macht" (das hat der Autor falsch verstanden oder es ist ein Übersetzungsfehler, die AA-Literatur spricht von einer "höheren", nicht von einer "grösseren" Macht) der AA als ohnmächtig angesichts der überwältigenden Macht meines von Angst getriebenen Verlangens nach Alkohol. Entweder fehlte es mir entschieden an Willenskraft und/oder Spiritualität, oder meine Form des Alkoholismus hatte eine fundamentale biologische Komponente, die man mit Medikamenten würde angehen müssen."

Olivier Ameisen hat, wie viele Alkoholiker, sein Leben lang an Unzulänglichkeitsgefühlen gelitten und war sich "vorgekommen wie ein Hochstapler, der demnächst enttarnt werden würde. Schon lange bevor ich mit dem Trinken angefangen hatte, hatte ich Therapien gemacht. Ehrlich gesagt, hatten sie bei meinen Ängsten nicht viel geholfen." Sprach er mit Medizinern oder mit AAs über seine Ängste, meinten sie meist, diese würden verschwinden, wenn er mit dem Saufen (die deutsche Übersetzung spricht dauernd vom "Trinken", doch was Ameisen tat, war ganz klar "saufen") aufhöre. Doch dem war nicht so. "Ich litt an Ängsten, lange bevor ich Alkoholiker wurde. Aber alle, die mich wegen meiner Alkoholsucht behandelten, ignorierten diesen Punkt, wie oft ich ihn auch wiederholte."

Das Saufen wurde, trotz vieler dramatischer Versuche gegenzusteuern, schlimmer; die Abstürze wurden dramatischer - er brach sich Rippen und Handgelenk (für einen begabten Pianisten wie Ameisen eine ganz besondere Katastrophe) - , verfügte aber immer über genügend privilegierte Verbindungen, um jeweils wieder glücklich aus dem Schlamassel herauszukommen. Dabei gehört es zu den Stärken dieses Buches, dass es ungeschminkt benennt, was es zu benennen gilt: "Die Wahrheit ist, dass kein Abhängiger/keine Abhängige so viel Zeit zum Entzug bekommt, wie er oder sie braucht, sondern nur so viel, wie er oder sie sich leisten kann," Und: "Da es keine bewährte Therapie gibt, liegt der Hauptnutzen einer Entzugsklinik darin, dass sie dem Süchtigen die dringend nötige Pause vom Alkohol oder einer anderen Substanz oder Verhaltensweise bringt." Sicher, das auch, doch den wirklichen Hauptnutzen hat der Klinikbetreiber, für den der Entzug oft einfach nur ein Geschäft ist. Wer nachliest, wie Ameisen aus der Klinik Clear Spring ("das Ritz unter den Entzugskliniken") verwiesen wird, weil seine Versicherung die 500 US-Dollar pro Tag nicht mehr zahlte, hat diesbezüglich keine Illusionen mehr.

Es ist ein Wunder, dass Ameisen aus seiner Abwärtsspirale schliesslich herausfindet. Dass er es schafft, hat mit ganz verschiedenen Faktoren zu tun, doch entscheidend damit, dass er durch einen Artikel in der New York Times auf ein Medikament namens Baclofen stiess, welches das Craving unterdrückt. "Verlangen oder Craving ist ein schwer fassbarer Begriff, weil er körperliche, emotionale und mentale Symptome umfasst, die in Wellen über Stunden und Tage hinweg auftreten. Für mich war es eine brutale Tatsache des Lebens. Im schlimmsten Fall, das haben Forschungen gezeigt, ist das Verlangen nach einem Suchtmittel wie der Hunger eines verhungernden Menschen: Die gleichen Hormone werden freigesetzt und die gleichen Gehirnregionen aktiviert. Das Nationale Institut für Alkoholmissbrauch und Alkoholismus (National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism, NIAAA) hat festgestellt, dass das Verlangen nach Alkohol sogar schlimmer sein kann als Hunger oder Durst und dass, wenn der Alkoholismus den Betroffenen im Griff hat, das Gehirn Alkohol als lebensnotwendig ansieht."

Baclofen, ein Mittel, das gegen Muskelkrämpfe verschrieben wurde, soll das Craving unterdrücken können? Ameisen hat es im Selbstversuch getestet, und ja, es hat gewirkt. Ein paar wenige Ärzte haben es bisher an Patienten ausprobiert, und ja, es hat gewirkt. Nein, nicht bei allen. Denn auch wenn man, wie Ameisen das tut, Abhängigkeit als eine biologische Krankheit versteht, muss ein Patient zuallererst immer noch ausreichend mit dem Saufen aufhören wollen. Zudem: 12-Schritte-Programme und andere Verhaltenstherapien wird es nach wie vor brauchen, denn diese sind vor allem nach 6 bis 18 Monaten Abstinenz am wirksamsten.

Fazit: eine in vielerlei Hinsicht empfehlenswerte Lektüre, nicht zuletzt, wegen Sätzen wie diesen: "Mir war seit Langem klar, dass Alkoholiker und andere Abhängige nicht mit dem üblichen Mass an Mitgefühl und Fürsorge rechnen können, wenn sie medizinische Hilfe brauchen." Und: "Die Wahrheit lautet, dass meine Mutter und meine Geschwister nichts hätten tun können, um mich von meinem schweren Alkoholismus zu heilen, Was ich von ihnen brauchte und was die Angehörigen aller Suchtkranken nur so schwer in einer Weise geben können, dass der Suchtkranke es annehmen kann, waren Liebe und Mitgefühl."

Dr. Olivier Ameisen
Das Ende meiner Sucht
Verlag Antje Kunstmann, München 2009

Tuesday 22 September 2009

Transatlantic Differences

Remember the debates about (North) American and European mentalities when G.W. Bush was in office (unelected - I'm still convinced or is this just my wishful thinking?) and many commentators seemed to believe that the U.S. and Europe drifted apart because of Cheney and Rumsfeld etc.? I happened to believe then and I happen to believe now that North American and European mainstream attitudes are signifîcantly different whether Obama or Cheney is in power. A recent article by Mary Dejevsky in The Independent highlights an interesting aspect of these differences. Here's an excerpt:

"The point is that, when on "normal", the needle of the US barometer is not only quite a way to the political right of where it would be in Europe, but showing a very different atmospheric level, too. For there is a mean and merciless streak in mainstream US attitudes, which tolerates much more in the way of inequality, deprivation and suffering than is acceptable here, while incorporating a large and often sanctimonious quotient of blame.

This transatlantic difference goes far beyond the healthcare debate. Consider the give-no-quarter statements out of the US on the release of the Lockerbie bomber – or the continued application of the death penalty, or the fact that excessive violence is far more common a cause for censorship of US films in Europe than sex. Or even, in documents emerging from the CIA, a different tolerance threshold where torture and terrorism are concerned.

Some put the divergence down to the ideological rigidity that led Puritans and others to flee to America in the first place; others to the ruthless struggle for survival that marked the early settlement years and the conquest of the West. Still others see it as the price the US pays for its material success. What it means, though, is that if and when Obama gets some form of health reform through, it will reflect America's fears quite as much as its promise. And it is unlikely to be a national service that looks anything like ours."

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Sunday 20 September 2009

Brazil, the smallest big country in the world

Brazil is the smallest big country in the world. Although it is the fifth largest nation on the planet, four times the size of Mexico and more than twice that of India, the Brazil where most Brazilians live, work and play forms only a small fraction of the country's total landmass of 8,509,711 sq. km (3,285,618 sq. miles). One in four people crowd into five metropolitan areas in the southern part of the country.
Together, the southern and southeastern states contain more than 60 percent of Brazil's population yet account for only 16 percent of the country's geographic area. In effect, 98 million Brazilians live in an area slightly smaller than Alaska, while another 66 million populate an area the size of the continental United States minus Texas. What Brazil has is space - enormous regions of vast, empty space.
Insight Guide Brazil, 2000

Friday 18 September 2009

Pictures that I like (8)

In Paese @ Antonia Zennaro

When I recently came across the homepage of Antonia Zennaro, a young photographer living in Hamburg, and studying at the Danish Journalism School in Aarhus - for her impressively international CV, go to http://www.antoniazennaro.com/ - I was especially fascinated by her Italian pics that seemed to originate from another era. The one shown here was taken in 2006, in San Giovanni di Fiore, a mountain village in Calabria. It was Sunday, and Antonia, who had to do an assignment for the photography course in Rome that she was then attending, was walking through the village streets looking for possible pictures. Her big format camera (a Sinar) caused a lot of interest and so, in Antonia's own words, "there were no troubles to take a picture of a family with neighbours. The mother had to hurry because the food was in the oven, but in the end she gave me the time to get this moment."

I not only like this picture, I also like Antonia's description of how it came about for it is indeed the people portrayed who, by giving their time, made the photo of this moment possible.

Wednesday 16 September 2009

After Photography

In his inspiring new book After Photography (W.W. Norton & Company, New York 2009), Fred Ritchin quotes filmmaker Wim Wenders:

"The digitized picture has broken the relationship between picture and reality once and for all. We are entering an era when no one will be able to say whether a picture is true or false. They are all becoming beautiful and extraordinary, and with each passing day they belong increasingly to the world of advertising. Their beauty, like their truth, is slipping away from us. Soon, they will really end up making us blind."

This, however, is not how Ritchin himself sees it. He writes: "In the digital environment ... the photograph is no longer a tangible object, a rectangle resembling a painting, but an ephemeral image made of tiles." He illustrates his point very convincingly, I find: "For example, a new photographic template could be devised in which information is hidden in all the four corners of the image so that those interested could make it visible by placing the cursor over each corner to create a roll-over. The bottom right corner might contain issues of authorship and copyright; the bottom left could contain the caption and amplifying comments by the photographer; the upper left could contain responses to the image by its subjects; and the upper right could give information as to how the reader can become involved, help, learn more, by providing Web addresses and other guidance."

Great! Wonderful! I'd be all for it! The reason I warm to it so much is that in this way we would get a much more realistic picture of reality than we presently (can) have; it would be easier to see (also in the sense of "to understand") that what we term reality is essentially negotiated. Such an approach has the potential to liberate us from contexts imposed by photographers, photo editors and other context providers. But, do we want this? Do we really want, and can we cope with, even more uncertainty than the one that we experience already?

The full review you will find here

Monday 14 September 2009

Mehr Meer

Es gibt Bücher, viele sind es nicht, da fühlt man sich sogleich gepackt und hineingezogen, und zu diesen gehört ganz unbedingt Ilma Rakusas "Mehr Meer". Ja, Bücherlesen ist was Persönliches und, klar doch, ich spreche von mir, doch so eine Ausnahme bin ich dann auch wieder nicht, dass andere diese Lektüre nicht genauso wunderbar finden könnten. Was ist es also, dass diese "Erinnerungspassagen", so der Untertitel, so besonders macht? Einmal die aussergewöhnliche Wahrnehmungsfähigkeit der Autorin, dann aber auch die Sprache, der Rhythmus, der Ton. Das Buch beginnt mit Erinnerungen an den Vater und das liest sich, und klingt, so:

"Als er starb, hinterliess er nichts Persönliches. Keine Briefe, keine handschriftlichen Notizen, nichts. In seinem Schreibtisch lag der Autoschlüssel mit dem silbernen Mariatheresienthaler, in den Schubladen Bankauszüge, Versicherungsausweise, säuberlich geordnet. keine unbezahlten Rechnungen. Alles transparent, verständlich, korrekt. Zahlen, kleine, grosse. Ein abstrakter Kosmos. Die Kartonmappen rosa, zitronengelb, mausgrau, ohne Flecken und Knicke, geruchlos. Er hatte für uns vorgesorgt, auf lange Jahre.
Das war seine Selbstlosigkeit.
Ich roch an seinen Kleidern. Sie hingen still im Schrank. Kleiderkolonnen wie Zahlenkolonnen. Der leicht ausgefranste Pulloverärmel war tröstlich, und unten die ausgetretenen Lederpantoffeln. Fast bekam ich Mitleid mit ihnen. Argloser konnte man nicht sein. Und anhänglicher. Vor dem stummen Krawattenrudel machte ich kehrt.
Er wollte. Wollte einiges aus seinem Leben aufschreiben, weil ich ihn darum gebeten hatte. Für die Nachwelt, sagte ich, für uns, sagte ich. Er trug sich so lange mit dem Gedanken, bis es zu spät war: Er fiel vom Stuhl und blieb liegen. Ohne eine einzige Zeile zu Papier gebracht zu haben."

Das soll mir nicht passieren, stellt man sich vor, dass sich die Tochter gesagt hat und so schreibt sie auf, was sie von ihrer Kindheit und Jugend in Mitteleuropa, in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, erinnert. Geboren ist Ilma Rakusa 1946 in der heutigen Slowakei, von dort zog die Familie, der Vater ist Slowake, die Mutter Ungarin, nach Budapest, nach Barcola bei Triest, schliesslich nach Zürich, weil der Vater in ein demokratisches Land wollte, wo die Schriftstellerin, Übersetzerin und Literaturkritikern seit 1951 lebt.

Sie fährt nach Wilna, wo ihre Vorfahren mütterlicherseits herstammen, nach Rimavska Sobota, ihren Geburtsort ("An einem klirrend kalten Novembertag des Jahres 2004 begrüsse ich die Stadt wie eine Unbekannte. Aber die Apotheke sieht wie auf dem Foto aus ... Ich bin, wo ich einst war, ohne mich zu erinnern, angekommen."), nach Budapest, nach Ljubljana, nach Triest ("Ich wollte ans Meer, immer ans Meer. Fotos, zeigen mich im knöchellangen, ungarischen Lammfellmantel, mit Wollmütze, auf der Mole von Barcola. Es muss kalt und windig gewesen sein, ich runzle die Stirn. Aber vom Meer hielt mich kein Wetter ab, höchstens die Bora."). Das Tolle an Rakusas Schilderungen ist, dass sie einen, auch wenn man ganz anders und an ganz anderen Orten aufgewachsen ist, an die eigenen Kindheitsempfindungen erinnern. Und dass sie einem das Gefühl geben, selber zu dieser Zeit an diesen Orten mit dabei gewesen zu sein:

"Im Januar 1951 brachen wir nach Zürich auf. Vater, Mutter, mein drei Monate alter Bruder, ich und unsere ganze Habe. Wir fuhren in einem Oldsmobile mit Sommerreifen. Ohne Ahnung, was uns im Norden erwarten würde. Die erste Überraschung war der Schnee, Schneewände auf dem Gotthard-Pass. In einer Kurve schlitterten wir in eine solche Wand. Sie erwies sich als gnädig: brachte uns zum Stehen, drückte dem Wagen aber nicht einmal die Nase ein ... In Zürich bezogen wir eine möblierte Mietwohnung, die zuletzt der chinesische Schriftsteller Lin Yutang bewohnt hatte. Im schwarzen Bücherschrank standen einige seiner englischen Werke, als Willkommensgruss ... (Am Rande: dass Lin Yutang, dessen sehr lesenswertes "The Importance of Living" ich vor Jahren an einem Stand mit gebrauchten Büchern in Havanna erstanden hatte, einmal in Zürich gewohnt hatte, erstaunte mich nicht wenig) ... Der Schnee kam über Nacht. Eine weisse Fracht. Er verwandelte alles: das Licht, die Geräusche, die Umgebung. Etwas Gleissendes war da, und viel Stille. Es schneite weiter. Staunend sah ich zu, wie die Flocken vom Himmel fielen und sich lautlos auf das Balkongeländer, die Büsche und Bäume legten. Schaute ich zu lange in den Flockenwirbel, wurde mir schwindlig, als wäre ich selber im Fallen begriffen."

Sehr schön auch dies:
"Ist damals damals? Ist heute heute? Die Zeit ist keine Fadenspule. Am Schnürchen aufgereiht ist nichts. Meine Erinnerung gleicht einer treibenden Eisscholle, die aufragt, untertaucht, bis sie allmählich, sehr allmählich, weniger wird.
Gegen die Auflösung ist nichts einzuwenden.
Noch aber buckelt sich dies und das. Hat Kontur. Hat Gewicht."

Der Leser (ja, auch die Leserin) ist froh drum. Und erfährt davon, was die Musik bezw. die Klänge der Autorin bedeuten ("Noch heute nähere ich mich fremden Sprachen mit dem Ohr an.") und liest von ihrer kindlichen Vorfreude auf Reisen und von der Realität des Unterwegseins ("Das Auto ist die beste Wiege. Vom Hintersitz aus beobachten, wie die Landschaft vorbeigleitet, - fliegt, beim brummenden Motorgeräusch in träge Wachheit verfallen. Was ich sehe, geht mich nichts an, tut nicht weh, da - und schon wieder weg, Bis die Konturen verschwimmen, die Augenlider schwer und schwerer werden. Die Wirklichkeit wischt vorbei und zieht, genauso unfassbar, in mein Schlafinneres.") und und und ... doch hier, nach etwa einem Drittel des Buches, soll Schluss sein mit dem Nacherzählen und Zitieren, denn wer bis jetzt nicht neugierig geworden ist auf dieses Geschenk von einem Buch, dem (Frauen sind mit-gemeint) ist schlicht nicht zu helfen.

PS: Eine Geschichte soll doch noch nachgeschoben werden, ganz einfach, weil sie zu schön ist, um hier nicht erwähnt zu werden. Als die Autorin, während sie an ihrer Dissertation arbeitete, ein Jahr in Leningrad verbrachte, besuchte sie eines Tages auch Nadeschda Mandelstam und schildert dies so: "Empfing mich liegend auf einem orientalisch dekorierten Sofa, kaute Sonnenblumenkerne und fragte rundheraus: Glauben Sie an Gott? Erst als ich bejahte, war sie bereit, sich auf ein Gespräch mit mir einzulassen."

Ilma Rakusa
Mehr Meer
Erinnerungspassagen
Literaturverlag Droschl, Graz 2009

Saturday 12 September 2009

No decent targets

Later in the day, Secretary Rumsfeld complained that there were no decent targets for bombing in Afghanistan and that we should consider bombing Iraq which, he said, had better targets. At first I thought Rumsfeld was joking. But he was serious and the President did not reject out of hand the idea of attacking Iraq. Instead, he noted that what we needed to do with Iraq was to change the government, not just hit it with more cruise missiles, as Rumsfeld had implied.
Richard A. Clarke: Against All Enemies

Thursday 10 September 2009

Pictures that I like (7)

Blazenka Kostolna is an artist, we know each other for almost twenty years. I am one of her artistic projects, which means that she regularly takes pictures of me, and always in Zurich, Switzerland, where she happens to live. What you can see below is how I, or Blazenka's view of me, or my way of looking into the camera, have changed during the last three and a half years. In August 2009, I've started to look back ...
August 2009

February 2009

October 2007

February 2006

All photos @ by Blazenka Kostolna

Tuesday 8 September 2009

Treating Addiction

From "Alcohol, Cradle to Grave", an article in the Great Falls Tribune that won the Pulitzer Prize in 2000:

At Benefis Healthcare in Montana the emphasis is on motivation.
„Without motivation, it doesn't matter what other resources you have.“ said Dirk Gibson, supervisor of the Addiction Treatment Center at Benefis. „Without motivation you have nothing.“
One way to do that is by stressing the pleasure alcoholics can find by changing their lifestyle.
Another is by stressing the pain they can avoid by quitting drinking.
A lot of people realize that on their own, said Dr. Dan Nauts, medical director of the Benefis Addiction Treatment Center.
„A majority of the people who quit abusing substances do it on their own without treatment,“ Nauts said. „Fifty percent of heroin addicts who stop using do so without treatment.“
„Motivation is really the key,“ he added.
One critical aspect is an intensive assessment in which counselors carefully listen to a patient to understand individual concerns, Gibson said.
He cited the case of a retired military officer, intelligent and well read, who kept drinking himself into the hosptîtal's detox center.
They worked to find a reason to keep the man from drinking, but couldn't. Even death wasn't a threat.
But when they told him he was likely to die in a nursing home, unable to control his movements or his bowels, that struck a nerve.
„He called me a month later and said, 'I'm ready to make a change,'“ Gibson said. „And he did.“

Sunday 6 September 2009

Sortir de là où on est

Ce n'est pas qu'il faut arriver à quelque chose, c'est qu'il faut sortir de là où on est.
Marguerite Duras: L'Amant

Friday 4 September 2009

Leaves, a novel

When teaching English in Santa Cruz do Sul, Brazil, in 2008, one of my fellow teachers was Owen Praskievicz from the US, who was then working on what he hoped would become a novel. And it indeed did become one. A few days ago, I finished reading it, and I've found it enjoyable and thoughtful. Here are a few sentences/thoughts/ponderings/observations that I think are wonderfully reflective, insightful, and very well put.

A low branch tempted him to jump and grab it and as he passed he couldn't resist. He swung for a step and kept flowing in stride. Not since his days back home did he feel this powerful, this sure of life. Jumping into the air and soaring outright into the sky seemed a physical possibility.

A father, groomed at the nearby Academy, glorified for his exploits as a pilot, and the beaming owner of a 747, sat back in his chair, smoking a cigar assured of taste by its price tag, smiling and laughing with his teeth at the popularity of his offspring.

Coming home Calvin hoped not to find his roommate and was disheartened to hear her rambling away in the kitchen when he walked in. A modest greating and a decline in an offer for her food turned him directly into his room. Why must one always be social? He was hungry, but he was in no mood to sacrifice the costs of gratitude and guilt she would place on his shoulders for the meal. It did smell good though. With a few hours to kill, Calvin escaped to the convenient bar down the street. A few beers would settle him better anyway.

His fingers worked with muscular memory ...

Only those who fill the void with the satisfaction of just being retain the juice, but there is a sad majority who assimilated Sabrina to their philosophy; boredom masked in a pretense of unimportant manoeuvres.

As only a black woman can, one of the girls threw just the right words to pull such a man away. "You think you're sexy, don't you?" she said.

The issue died with the hours of the night.

Wednesday 2 September 2009

Frühstück in Japan

"... letztes Jahr war ich im Herbstsemester in Japan, und da hab ich eine Woche bei einer Familie in einem kleinen Fischerdorf zwei Zugstunden von Tokio entfernt gewohnt, direkt am Pazifik. Und da gab's zum Frühstück nicht wie bei uns völlig anderes als am übrigen Tag. Ich meine, wir - oder jedenfalls die meisten Leute - essen zum Frühstück doch Sachen, die uns zu keiner anderen Tageszeit in den Sinn kommen würden: Saft, Müsli, aufgeschnittene Bananen, Eier, Pfannkuchen, French-Toast, English-Muffins, Schweizer Käse ... wir essen jedenfalls morgens ganz bestimmte Sachen, an die wir bis zum nächsten Morgen dann nicht mehr denken. Aber weisst du, was es in dem kleinen Dorf, in dem ich war, zu Frühstück gab? Die Reste vom Abend zuvor. Fischsuppe, aufgewärmten Reis, gebratene Klösse, falls welche übrig waren - die sind übrigens ziemlich lecker. Das heisst, an dieser einen Sache, dem Frühstück, lässt sich schon die ganze Bandbreite der Unterschiede zwischen zwei Völkern, zwei Kulturen darlegen ..."
Tom Wolfe: Ich bin Charlotte Simmons