Wednesday 28 May 2014

In San Juan

When the pilot, shortly after take-off from New York, announced a smooth flight, I expected a rather rough ride and that it was. In San Juan it was pouring and I learned that this day's rainfall had been the worst since 1917. My hotel had no power but I was lucky: the one next door had.

Irena is 27, has two kids aged 11 and 9, and works in a Condado beauty parlour. "I'm not Puertorican", she says, "I'm Dominican." A remarkable sense of identity that baffled me for she had arrived in Puerto Rico at the age of two and spent all her life here.
Puerto Rico has no public transport to speak of and since I did not feel like renting a car I decided to go on an organised day trip. The other participants were a friendly couple about my age from Martinique, another couple, slightly older and very white, from Colombia, and three overweight, heavily tattooed black ladies from New York who during the whole trip didn't take their eyes off their cell phones. "Listen", shouted the one next to me into her phone, "I'm sitting in a car and can't really talk to you. Just look into all the bags." After a pause of about half a minute, she continued: "I said just look into all the bags. Now which part you don't understand?"

One of the sights we were going to visit was El Yunque National Park. On our way through the park we stopped only once on a bridge, stepped out of the car, looked at a totally unremarkable river ... and that was it ...

An additional remark to public transport: there are some urban buses and when I have plenty of time I take one of them. They do not run according to a timetable and waiting for over an hour is considered nothing out of the ordinary. The other day, a heavily overweight guy squeezed himself in the seat next to mine so that half of his weight came to rest on my left thigh. It was with difficulty that I managed to set myself free again. When I finally succeeded, the man said: I can't help it. I was not sure whether he was referring to his weight or to his almost crushing me to death, and so I decided to say nothing.
At first glance it seemed to be like this: in Condado, the tourist area, I was addressed in English, in Sagrado, a not so posh neighbourhood, people spoke to me in Spanish. It was not how people perceived me that decided in what language I was spoken to, it was the place. Or so I thought but then I started to become aware of something else: when I didn't shave for a few days I was everywhere greeted in Spanish ...

Wednesday 21 May 2014

Auftritt Schweiz. Das Lesebuch

Auftritt Schweiz. Das Lesebuch ist ein Werk ganz nach meinem Geschmack: ein attraktiver Mix, dramaturgisch und gestalterisch, von Gedichten, Listen und Rezepten, kürzeren wie längeren Geschichten, Fotografien, Comics und Illustrationen, witzig, lehrreich und unterhaltend.

Aufgebaut wie ein Lexikon von A bis Z, lese ich unter der ganz wunderbaren Stichwort-Kombination Bünzli/Heimweh, dass die Schweizer einander fast ausnahmslos für Bünzli halten (wie wahr!). Die Töfffahrer ausgenommen, die "machen am Wochenende Hunderte von Kilometern, und wenn sie auf der Strasse einen anderen Töfffahrer sehen, grüssen sie ihn im Vorbeidonnern lässig mit einem Finger." (Susann Sitzler in Grüezi und Willkommen). Man trifft auch auf Klassiker wie Peter Bichsels Des Schweizers Schweiz (ein Text, der mir schlecht gealtert vorgekommen ist) oder Hugo Loetschers nach wie vor sehr ansprechenden Text übers Muff-Sein: "Muff-Sein ist eine innere Bereitschaft: Wir möchten unsere Sache rechtmachen. Wir bringen die Dinge nach bestem Können in Ordnung, und dann müssen wir erleben, dass das Leben selber so unordentlich ist ... Was manchen als üble Laune vorkommt, ist mehr. Es ist eine Beschwörung von Schicksal, indem wir uns mit ihm in bestem schweizerischen Sinn für den Kompromiss arrangieren: wir sind bereit, freiwillig etwas vorwegzuleiden, um nicht unfreiwillig zum grossen Leiden zu kommen. Also sind wir zum vorneherein schon einmal aufgebracht oder enttäuscht. Wir rechnen nicht nur, sondern wir rechnen damit, dass die Rechnung nicht aufgeht. Aber es wird ein Rest sein, so hoffen wir, der uns nicht aus der Bahn wirft."

Unter anderem lerne ich, dass nicht in der ganzen Deutschschweiz Südalemannisch geredet wird. Im bündnerischen Samnaun spricht man nämlich einen südbairischen Dialekt und in der Stadt Basel wird Nordalemannisch gesprochen. Und ich erfahre, dass es vier von fünf Schweizern nichts ausmacht, "einen Kriminellen zum Nachbar zu haben. In keinem andern Land der Welt ist der Wert höher." Auch staune ich über den eisernen Willen des Pharma-Stammvaters Fritz Hoffmann-La Roche (1868-1920), der mit dem praktisch wirkungslosen Sirolin (der bittere Hustensaft wurde mit Orangenaroma angereichert) reich geworden ist.

Die Schweiz ist bekanntlich eine Willensnation, es ist der Wille zum gemeinsamen Geldverdienen, der das Land zusammenhält. Das ist schon lange so. Weniger lange ist es allerdings her, dass die Schweiz ein Einwanderungsland geworden ist, denn noch im 19. Jahrhundert trieb die Armut einen Sechstel der damaligen Bevölkerung in die Fremde.

Der Lebensrhythmus in den Schweizer Städten sei der höchste der Welt, so lese ich. Und was, bitte schön, ist der Lebensrhythmus? "... ein Mischwert aus Gehgeschwindigkeit der Passanten (Schweiz: Rang drei), Wartezeiten auf der Post (Rang zwei) und Genauigkeit öffentlicher Uhren (Rang eins)."

Dass man in der Schweiz wandert, weiss jeder. Doch dass es insgesamt 50'000 gelbe Wegweiserstandorte sowie 60'000 Kilometer signalisierte Wanderwege, Berg- und Alpinwanderwege gibt, war mir neu. Anfang der 1990er-Jahre steckte der Basler Lucius Burckhardt, damals Professor in Kassel, Spazierstöcke in die Erde mit der Aufschrift "Hier ist es schön." Möglicherweise auch wegen der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandenen Verschönerungsvereine, zuständig für Ruhebänke, Blumenschmuck, Bundesfeier, Weihnachtsbeleuchtung. Schade, dass diese heute fast schon sinnentstellend nur noch unter Verkehrs- und Tourismusvereine firmieren ...

Auftritt Schweiz
Das Lesebuch
Herausgegeben von Franziska Schläpfer und dem SBVV
Scheidegger & Spiess, Zürich 2014

Wednesday 14 May 2014

Meisterinnen des Lichts

Einen ganz tollen, sehr schön gestalteten Band gilt es anzuzeigen: Meisterinnen des Lichts. Grosse Fotografinnen aus zwei Jahrhunderten. Als Autor zeichnet Boris Friedewald, über den man allerdings im Buch nichts erfährt und so muss man zur Homepage des Verlages gehen, um sich kundig zu machen und liest dort, Herr Friedewald sei 1969 geboren, habe Kunstgeschichte, Pädagogik und Theaterwissenschaften studiert und arbeite als Kunsthistoriker und Autor in Berlin.

Was diesen Band, neben den vielen grandiosen Bildern, auszeichnet, sind die exzellenten, sehr informativen Texte. Über die von mir sehr geschätzte Eve Arnold (deren in diesem Band gezeigte Bilder ich als wunderbar berührend empfinde) erfahre ich, dass sie sich ihr Leben lang als Lernende verstand, die eigene Biografie ihr Impulsgeber war ("Ich war arm und wollte die Armut dokumentieren; ich hatte ein Kind verloren und war besessen von Geburten; ich interessierte mich für Politik und wollte ihren Einfluss auf unser Leben erforschen; ich war eine Frau und wollte alles über Frauen wissen"), sie bei ihrem Tod im Alter von 99 Jahren über 750,000 Aufnahmen hinterliess und über ihre Rolle als weibliche Fotografin meinte: "Ich wollte nicht, dass als Fotografin mein Frausein im Mittelpunkt stand. Das empfand ich als Einschränkung. Ich wollte einfach ein Fotograf sein und, unabhängig vom Geschlecht, mit der Kamera überall hingehen können."

Über die Fotoreporterin Gisèle Freund lese ich, dass es ihr nie darum ging, Kunstwerke zu schaffen, sondern, so sagt sie, "sichtbar zu machen, was mir am Herzen lag: der Mensch, seine Freuden und Leiden, seine Hoffnungen und Ängste." Eindrücklich wird das in diesem Buch mit einer Aufnahme von Virginia Woolf mit ihrem Hund aus dem Jahre 1939 illustriert.

Verblüfft war ich, dass Julia Margaret Cameron, der die Inszenierung von bedeutenden Zeitgenossen so wichtig war, gegen Ende ihres Lebens nur noch Hausangestellte und Plantagenarbeiter, das war auf Ceylon, "ohne jegliche Inszenierung porträtierte."

Ich finde enorm bereichernd, was Boris Friedewald an Informationen zusammengetragen hat. Und bin fasziniert und angetan von seinen ausgesprochen spannenden Schilderungen, auch natürlich, weil ich viel, mir bis anhin Unbekanntes, erfahre. Dass etwa von der Strassenfotografin Vivian Maier zeit ihres Lebens kein einziges Foto veröffentlicht wurde, sie nie Kontakt zu anderen Fotografen gesucht noch ihre Fotos jemandem gezeigt hatte. Und wie kommt es dann, dass wir heute von ihr wissen, uns ihre Aufnahmen ansehen können? Davon und noch von vielem anderen berichtet dieses Buch.

Meisterinnen des Lichts ist ein aussergewöhnliches Werk. Einerseits, weil es mich auf Fotografinnen aufmerksam machte, die mir bislang nicht bekannt waren, wie etwa Dayanita Singh, Viviane Sassen oder Trude Fleischmann. Andererseits, weil es mir so gelungen umgesetzte Ideen zeigt wie den Bischof Gerhard Ludwig Müller aus Herlinde Koelbls Serie 'Kleider machen Leute'. Doch vor allem, weil Boris Friedewalds Texte mich packen, anregen und mich neugierig auf die Fotos machen.

Boris Friedewald
Meisterinnen des Lichts
Grosse Fotografinnen aus zwei Jahrhunderten
Prestel Verlag, München 2014
www.prestel.de

Wednesday 7 May 2014

Loriots Gästebuch

Wer im Hause Loriot zu Gast war, wurde vom Hausherrn fotografiert. Zuerst, vom Winter 1957 bis 1963, in einer Villa in Gauting, wobei die Gäste immer mit einer Säule (im Hintergrund ist ein Vorhang zu sehen) in Szene gesetzt und fotografiert werden. Von 1965 bis 1970 werden die Schnappschüsse dann (ohne Vorhang) im neuen, selbstentworfenen Eigenheim im benachbarten Ammerland fortgesetzt.
Walter Giller & Nadja Tiller, April 1968

Fotografien haben es so an sich, dass sie zu einer Zeitreise einladen. So auch hier. Interessant bei den vorliegenden Aufnahmen und gelegentlich zum Schmunzeln einladend ist unter anderem, wie die Gäste sich gekleidet haben. Und wie originell sie sich in Positur geworfen haben.
Johannes Hans A. Nikel & Erich Bärmeier, Januar 1958

Gerne hätte ich gewusst, ob die Art und Weise, wie sich die Gäste Loriots Kamera präsentierten, ihnen selbst überlassen war oder ob der Hausherr Regie geführt hat. Angesichts Loriots "an Besessenheit grenzender Gründlichkeit" (so Peter Geyer in seiner editorischen Notiz) ist wohl Letzteres anzunehmen.

Ein höchst amüsantes Werk!

Loriot
Gästebuch
Hrsg Susanne von Bülow, Peter Geyer, OA Krimmel
Diogenes Verlag, Zürich 2013