„Nothing special“ hat Charlotte Joko Beck eines ihrer Bücher über Zen genannt. Das gilt auch für die „Anweisungen für den Koch“. Eigenartigerweise macht genau dieses „nothing special“ diese Anweisungen speziell – weil wir nämlich immer nach dem Aussergewöhnlichen suchen und wer sucht, der macht, so Krishnamurti, bestenfalls einen Schaufensterbummel ...
Dass sich der Autor dabei besonders gut auszudrücken weiss (oder liegt es an der Übersetzung?), kann man allerdings nicht sagen:
„Ich wollte mein Verständnis von Zen als Leben darzulegen („darlegen“, sollte das wohl heissen), so wie es auch mein Lehrer Maezumi Roshi immer gelehrt hatte, ein Leben, bei dem wir zu allen Zeiten aufgerufen sind, voll zu leben, und unsere Praxis darin besteht, das Glas, das immer wieder schmutzig wird, zu putzen, statt es nicht zu benutzen, und in dem wir unsere Klarheit von der Einheit des Lebens durch unser tägliches Handeln manifestieren.“
Die „Anweisungen für den Koch“ postulieren, sich auf die Realität, auf das Hier und Jetzt, einzulassen. Und dazu finden sich in diesem Buch, ausgehend von dem zentralen Prinzip, dass alles miteinander verbunden ist und nichts völlig unabhängig existiert, viele praktische Anregungen. Wie man mit der Bürokratie umgehen soll, zum Beispiel. Oder wie wir durch Angst lernen können. Keine abgehobene Esoterik also, sondern am Realen ausgerichtete praktische Lebenshilfe. „Es ist ungeheuer wichtig, dass wir aus dem spirituellen Bereich immer wieder in die gewöhnliche Welt zurückkehren und darin arbeiten.“ Und das tut man, indem man sich mit den Details beschäftigt, von denen Maezumi Roshi einmal gesagt hat: „Es gibt nichts anderes als Details.“ Ein andermal hat er es so formuliert: „Kleinigkeiten sind nicht klein.“
Wesentlich ist: „Warte nicht, bis du erleuchtet bist.“ Und dies meint: Nicht der Experte ist gefragt im Zen, sondern der Anfänger, denn nur der, der noch nicht allzuviel weiss beziehungsweise viel Wissen angehäuft hat, ist fähig, die Dinge zu sehen, wie sie sind.
„Wir müssen uns von der Vorstellung lösen, dass wir irgendwann einmal keine Probleme haben werden. Erst wenn uns dies gelungen ist, können wir uns mit den wirklich wichtigen Fragen unseres Lebens beschäftigen.“
Was einem dieses Buches unter anderem auch klar macht, ist, dass Zen, wie es Glassman versteht, „sich in vielem an der amerikanischen katholischen Arbeiterbewegung“ orientiert und damit ganz wesentlich soziale Praxis ist. Und die ist schwierig: „Ein Zen-Schüler, der Reiche ablehnt, leidet unter dem gleichen Problem wie ein Reicher, der den Zen-Schüler ablehnt“, behauptet Glassman. Wirklich? Wer bereit ist, sich mit solchen Argumenten auseinanderzusetzen, ist mit diesem Buch bestens bedient.
Summa summarum: eine bereichernde und hilfreiche Lektüre.
Bernard Glassman
Lebensentwurf eines Zen-Meisters
edition steinrich, Berlin 2010
www.edition-steinrich.de
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