Wednesday 23 March 2016

Salz der Erde

"Ich erinnere mich, dass ich wie hypnotisiert durch eine erstaunlich fremde Landschaft lief, als ich 1993 zum ersten Mal zu einem kurzen Arbeitsaufenthalt in Añana war. Damals konnte ich nicht ahnen, was für eine starke Beziehung ich in den folgenden Jahren zu diesem Ort und zu Salz allgemein entwickeln würde. 1999 begann dann meine Tätigkeit für die Wiederbelebung der Salinen von Añana". So beginnt der Architekt Mikel Landa seine Einführung zu diesem schön gestalteten Band, einem  klassischen Coffee-Table-Book und das meint: tolle Aufnahmen, die einen staunen machen, kombiniert mit informativen Texten, die einen wissensmässig bereichern.
Salar de Uyuni, Bolivien
In manchen Teilen des Salzsees brechen die Arbeiter das harte Salz aus dem Boden und formen es zu Quadern; manche bevorzugen den Abbau in kreisförmigen Arealen, andere in Rechtecken.

Der Salar de Uyuni ist der einzige Ort der Salzgewinnung, von dem ich gehört und Bilder gesehen hatte, bevor Salz der Erde meinen Horizont erweiterte. Salz wird an ganz vielen Orten der Welt abgebaut, der oben erwähnte Ort Añana liegt im Baskenland.

So erfuhr ich unter anderem, dass der Mensch Salz (eine Verbindung von Natrium und Chlorid) nicht nur zum Leben braucht, sindern ein angeborenes Verlangen danach hat. Eine weitere Bedeutung hat das Salz als Konservierungsmittel. Milch, Fisch, Fleisch und Gemüse wurden so zu Handelswaren. 

Und ich lernte, dass in China bereits vor 8000 Jahren Salz gewonnen wurde und es vor 7000 Jahren eine Salzproduktion im österreichischen Hallstatt gab sowie dass die traditionellen Salinen im Wettbewerb mit dem industriellen Salz einen schweren Stand haben.
Sawu, Indonesien
Eine Dorfbewohnerin füllt frisches Meerwasser in die Salzkörbe ihrer Familie.
Jeden zweiten Tag wiederholt sie die Arbeit, am siebten Tag kann geerntet werden.

Die meisten Coffee-Table-Books lege ich bald einmal zur Seite und nehme sie dann nur selten wieder zur Hand. Ganz anders geht es mir mit Salz der Erde. Immer wieder komme ich darauf zurück. Das hat ganz wesentlich mit den eindrucksvollen Aufnahmen von Luke Duggleby zu tun, dem es gelingt Stimmungen einzufangen, denen ich mich gerne hingebe. Dass die Fotos gut zur Geltung kommen, liegt aber auch an der gelungenen Anordnung, für die, gemäss Impressum, Anna Boucsin, zuständig gewesen ist.

Beschäftigt man sich immer mal wieder mit einem Buch, fallen einem mit der Zeit Sachen auf, die einem zuvor entgangen sind. Das kann ganz verschiedene Ursachen haben. In meinem Falle konzentrierte sich meine Aufmerksamkeit längere Zeit auf die Fotos, die mir weite Landschaften vermittelten, vermutlich, weil ich das überhaupt nicht erwartet hatte. Noch weniger erwartet hatte ich jedoch, dass auch auf einer Dachterrasse in Midtown Manhattan Salz gewonnen wird. 

Salz der Erde lässt einen die Welt mit neuen Augen sehen.

Mikel Landa und Luke Duggleby
Salz der Erde
Mare Verlag, Hamburg 2015

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