.Viel
falsch machen kann man ja so recht eigentlich nicht, wenn man die
Erde aus der Luft fotografiert, denn sie ist nun mal faszinierend, ja
mehr: Ein veritables Wunder. Andererseits: Was Fotografien letztlich
auszeichnet, ist der Blickwinkel des Fotografen im Zeitpunkt der
Aufnahme und ein sensibles Gespür bei der anschliessenden
Bildauswahl.
Die
Luftbilder des im amerikanischen New Jersey ansässigen George
Steinmetz wurden aus geringer Höhe aufgenommen. Dabei bediente er
sich unter anderem eines Gleitschirms und eines durch einen Gasmotor
angetriebenen Propellers auf dem Rücken. Die Bilder zeigen das
Wirken der Menschen auf dem Planeten Erde.
. Luoping,
Provinz Yunnan, China
Copyright
@ geosteinmetz
In
Luoping erheben sich Kalksteinkegel inmitten flacher Felder mit
blühendem Raps und bilden so eine atemberaubende Landschaft der
Formen- und Oberflächenkontraste. Rapssamen liefern in China den
grössten Ölsamen-Ertrag. und die Stängel werden beim Hausbau für
die Isolierung verwendet. Die Pflanzen erblühen im zeitigen
Frühjahr, und ein paar kurze Wochen lang erstrahlen acht
zusammenhängende Hektar in dieser Landschaft mit hellgelben Blüten.
Neben Touristen werden die Felder von Luoping auch von reisenden
Imkern und ihren Bienenstöcken bevölkert. Den Honig, den die Bienen
von den Rapsblüten ernten, wird hoch geschätzt.
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Mit
Der Beginn des Anthropozäns ist die Einleitung des Biologen
Andrew Revkin überschrieben, was meint, so Wikipedia, dass "der
Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die
biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde
geworden ist." In den gegenwärtigen Corona-Zeiten sieht das
zwar nicht so aus, denn momentan hat das Virus Covid-19 klar das
Sagen. Nichtsdestotrotz, die Tatsache, dass der sich tendenziell
selbst überschätzende Mensch eine bestimmende und häufig
desaströse Rolle auf dem Planeten Erde eingenommen hat, ist
eindeutig nicht zu begrüssen.
San
Augustin, Andalusien, Spanien
Copyright
@ geosteinmetz
Ein
von Furchen durchzogenes Mosaik aus Gewächshäusern mit
Plastikdächern breitet sich in der Küstenebene von Südspanien über
eine Fläche von dreihundert Quadratkilometern aus. Eine Riesenmenge
an Produkten wird hier kostengünstig angebaut und in ganz Europa
verkauft. Die wichtigsten Kulturpflanzen sind Tomaten, Paprika,
Gurken und Auberginen. Viele der Pflanzen werden hydroponisch mit
wieder aufbereitetem Wasser angebaut. Die Intensivlandwirtschaft hat
die Wirtschaft der Region Almeria zu neuem Leben erweckt, aber sie
hat auch viele Kritiker, die auf die Entleerung wasserführender
Schichten und den Beitrag zur Nitratverschmutzung im Boden ebenso
hinweisen wie auf die Ausbeutung von Wanderarbeitern.
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Es
spricht für diesen eindrücklichen Band, dass die Aufnahmen mit
ausführlichen und informativen Legenden daherkommen. Das ist selten
und auch deswegen begrüssenswert, weil man die Aufnahmen sonst nur ästhetisch einschätzen könnte. Andererseits, was
soll ich mit folgender Information (sie bezieht sich auf das
nachfolgende Bild aus Algerien) eigentlich anfangen? "Die Stadt
Beni Isguen, eine konservativ-muslimische Ibaditengemeinde von
Berbern, in der die Frauen weisse Haiks tragen, die nur ein Auge
unbedeckt lassen, ist für Ausländer normalerweise verschlossen."
Weder weiss ich, was Ibaditen und Haiks sind, noch ist mir geläufig,
was Berber speziell auszeichnet. Mit anderen Worten: Mir sind Informationen wie diese zu spröde, zu trocken; sie kommen mir vor wie Einträge
in einschlägigen Nachschlagewerken.
Ghardaia,
Algerien
Copyright
@ geosteinmetz
Die
Stadt Beni Isguen, eine konservativ-muslimische Ibaditengemeinde von
Berbern in der die Frauen weisse Haiks tragen, die nur ein Auge
unbedeckt lassen, ist für Ausländer normalerweise verschlossen. Sie
ist eine von fünf algerischen Hügelstädten, aus denen die
Pentapolis im Tal von M'zab besteht. Sie ist so gut wie unberührt
von der modernen Welt, und die Lebensweise der Bevölkerung ist seit
dem 11. Jahrhundert mehr oder weniger gleich geblieben. Die 6800
Mozabiten, wie die Einwohner genannt werden, halten ihre antiken
Häuser sorgfältig instand. Diese haben oft ein ummauertes Dach, das
in heissen Sahara-Nächten als Schlafbereich gilt
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Andrerseits
gibt es auch Bildlegenden, die ausgesprochen hilfreich sind. Einem im
Abendlicht aufgenommenen Bild von Soweto, dem Township vor den Toren
Johannesburgs, ist die Information beigegeben, dass der Boden voller
giftigem Uran, Blei, Arsen und Schwermetall steckt – das „sieht“
man erst, wenn man es weiss.
Zudem
staune ich über Ansichten von Weltgegenden, die mir gänzlich
unbekannt sind, von denen ich noch nie gehört habe. Die Ilha de
Moçambique, zum Beispiel. Oder die nordalgerische Stadt Timgad,
deren Überreste der von den Römern erstellten Strassen und Gebäude
von eleganter, mit geometrischer Präzision zeugen.
Fazit:
Eindrückliche, lohnende Aufklärung.
Human
Planet
Wie
der Mensch die Erde formt
George
Steinmetz
Texte
von Andrew Revkin
Knesebeck,
München 2020
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