Wednesday, 13 April 2016

Kuba. Magie des Augenblicks

 
Die Cover-Aufnahme dieses Bandes gemahnt mich an eine alte Postkarte, so grün habe ich Havanna noch nie gesehen. Und so alt und verfallen auch nicht, obwohl ich doch oft den Malecón entlang gegangen bin. Nur eben: Lorne Resnicks Kuba. Magie des Augenblicks ist kein Photo-Journalismus, bei dem es darum geht, möglichst die Alltagswirklichkeit abzubilden, sondern der Versuch, die Bilder in seinem Kopf zu fotografieren. So jedenfalls wirken seine Fotos auf mich. Nein, nicht alle. Und, um keine Zweifel aufkommen zu lassen: es sind wunderbar gelungene Aufnahmen. So gelungen wie Werbe-Aufnahmen (an die mich nicht wenige erinnerten) häufig sind und auch sein sollen.
Pico Iyer, dessen 1996 erschienener Roman Cuba and the Night mich inspiriert hat, Kuba zu besuchen und zu mögen, hat ein schönes Vorwort beigesteuert. "Als ich vor über achtundzwanzig Jahren auf Kuba ankam, erkannte ich, dass dies der schönste, bunteste, berauschendste Ort war, den ich je gesehen hatte; so berauschend, dass ich nicht wusste, was ich von ihm halten sollte – ausser dass es weder das sozialistische Paradies war, von dem manchen Freunde raunten, die nie dort gewesen waren, noch das totalitäre Abstraktum, als das es andere aus der Ferne beschrieben."

Natürlich hat sich seither einiges verändert, doch, wie Iyer nach einem Besuch achtzehn Jahre später feststellte: "Der kubanische Elan lebte nicht nur unvermindert fort, sondern wurde auf magische Weise freigesetzt, unberechenbar wie immer."

Gemäss Gerry Badgers Einführung, "wollte Resnick das Lebensgefühl der Insel einfangen, nicht durch kühle Dokumentation, sondern mit Fotos, die emotionale und poetische Resonanz erzeugen." Das trifft grösstenteils zu, obwohl es sich mir nicht erschlossen hat, weshalb nur Alt und Jung zu sehen sind und Menschen mittleren Alters nicht vorkommen.

Es gibt auch eindrückliche schwarz/weiss Aufnahmen in diesem sehr schönen Band, doch die meisten sind farbig. Den Schwerpunkt bilden Porträts und das mich am meisten faszinierende Bild, eine Strassenszene von oben fotografiert, ist die Tafel 77. Nein, nicht die unten abgebildete, sondern eine mich an René Burris Aufnahmen aus São Paulo erinnernde.
Ganz besonders hat es mir Lorne Resnicks Nachwort angetan. Weil es da so viel gibt, mit dem ich mich identifizieren kann. Etwa die Schilderung seines Besuchs im "Palacio de la Salsa im Hotel Riviera am Malecón, in dem ein 15-köpfiges kubanisches Orchester aus Weltklassemusikern, vor einer dichtgedrängten Menge aus den besten Tänzern der Welt spielte", die mich augenblicklich wieder vor Ort wähnen liess.

Höchst aufschlussreich fand ich auch seine Ausführungen zur Entstehung des Umschlagfotos, das ihm in dieser Form bereits vorschwebte, "ehe ich überhaupt nach Kuba reiste."

Lorne Resnick
KUBA
Magie des Augenblicks
Prestel Verlag
München * London * New York 2016

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