Fotomosaik Schweiz zeigt eine Auswahl aus dem Archiv der Pressebildagentur Comet Photo AG, das rund eine Million Fotografien umfasst und Teil des Bildarchivs der ETH-Bibliothek bildet. Die Herausgeber Michael Gasser und Nicole Graf weisen unter anderem darauf hin, dass das Bilder-Portfolio der Agentur "Reportagen, sogenannte Poolbilder für die Abonnenten des Bilderdienstes, Auftragsfotografie und – als eine besondere Spezialität – auch Flugaufnahmen" umfasste. Comet-Reportagen erschienen bis in die 1970er-Jahre. Mit dem Tod von B.E. Lindroos, der zusammen mit Jack Metzger und Hans Gerber die Firma gegründet hatte und ihr "Spiritus Rector" war, im Jahre 1984 begann der langsame Niedergang der Agentur.
Jules Vogt: Grosser Findling auf dem Bauplatz der
Nordostschweizerischen Kraftwerke AG, Birrfeld 1965
Georg Kreis, der Verfasser der Einleitung zu diesem Band, unterscheidet zwischen Presse- und Agenturbildern einerseits sowie Autorenbildern andererseits. Unter letzteren versteht er "Bilder, die mit einem individuellen Blick vorsätzlich auf eine bestimmte 'Schweiz' ausgerichtet sind und mit einer erarbeiteten Bildsprache deren hintergründige Realitäten erfassen wollen." Die Aufnahme des obigen Findlings ist also kein Autorenbild. Zutreffend hält Kreis fest: "Das Bild wurde wohl einfach wegen der sensationellen Dimension seines Objekts gemacht."
Für mich drängt sich die Kategorie Autorenbild nicht wirklich auf, ich erachte sie dem Profilierungsbedürfnis der Fotografen geschuldet. Mir jedenfalls scheinen Charakterisierungen wie "individueller Blick" (gibt es einen nicht-individuellen Blick?), "erarbeitete Bildsprache" (was auch immer das sein mag) oder "hintergründige Realitäten" (kann man die, sofern es sie geben sollte, zeigen?) wenig aussagekräftig und kaum fassbar.
Nichtsdestotrotz gehört Georg Kreis' Text zu den seltenen Texten, die sich höchst differenziert mit den verschiedenen Aspekten (von ökonomischen Überlegungen bis zu Bildlegenden) der Entstehung von Pressefotos auseinandersetzt. Da hat für einmal einer wirklich (und mit Gewinn für den Leser) über Pressefotografie nachgedacht!
Linkes Bild: Die britische Hawker Hunter, ein einstrahliges
Düsenkampfflugzeug aus der Zeit des kalten Kriegs; Erstflug war 1954;
Indienstnahme bei der Royal Air Force im Jahr 1959, offenbar wurden
auch in der Schweiz über 100 Stück angeschafft. Darum das Pressebild.
Rechtes Bild: Hans Baumann. Es gibt verschiedene 'erste' Autobahnstücke.
Oft wird die 1963 im Hinblick auf die Expo 64 fertiggestellte Strecke Genf-Lausanne als 'erstes längeres Stück' genannt. Ein weiteres erstes Stück wurde schon am 11. Juni 1955 als Ausfallstrasse Luzern-Süd eröffnet. Hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1960 während der Konstruktion eines weiteren Teils am Lopper. Mit dem Bau wurde offenbar begonnen, bevor die entsprechende Rechtsgrundlage vorlag. Diese wurde im Juli 1958 mit einer Volksabstimmung und anschliessend mit einem im Juni 1960 in Kraft getretenen Bundesgesetz über die Nationalstrassen geschaffen.
"Ein halbes Jahrhundert Schweiz! Was lässt sich zeigen und was nicht? Wesentliche Veränderungen sind durch den vorliegenden Bestand nicht abgebildet und als solche kaum abbildbar", schreibt Georg Kreis und macht damit auch klar, dass Pressefotografien nicht zuletzt dazu einladen sollten, Fragen zu stellen und zwar nicht nur zu dem, was sie zeigen, sondern auch zu dem, was sie nicht zeigen.
Linke Bilder: Jack Metzger, Hans Baumann. Die Beatles,
Ankunft am Flughafen Zürich, einmal die Stars, einmal die Menge,
Juni 1964.
Rechtes Bild: Heinz Baumann. 'James Bond', 1968 in einer Drehpause zum Film Im Geheimdienst Ihrer Majestät auf dem Schilthorn auf 2970 m.ü.M.
Als "Augen der Welt" hat sich die Fotoagentur Comet selber bezeichnet, was Georg Kreis trocken so kommentiert: "Die 'Augen der Welt' haben vor allem auf die Welt von Zürich geblickt." Man nimmt das schmunzelnd zur Kenntnis, umso mehr, wenn man weiss, dass der Autor Basler ist. Übrigens: Was er da behauptet, begründet er auch.
Fotomosaik Schweiz
ETH-Bibliothek
Scheidegger & Spiess, Zürich 2015
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